Diese 4 Gramm können dein Leben retten: Recco Reflektor

Kennt ihr diese kleinen, eingenähten Plättchen in eurer Winterausrüstung? Falls nicht, dann schaut genauer hin, höchstwahrscheinlich findet ihr irgendwo an eurer Jacke oder Hose eine kleine Erhebung, beschriftet mit «Recco». Dahinter verbirgt sich ein kleiner Reflektor – wir zeigen euch, was es damit auf sich hat.

Ein Beitrag von Fabian Reichle – Bächli Bergsport

Alles fängt mit einer tragischen Geschichte an: Der Schwede Magnus Grandheld verliert 1973 bei einem Lawinenunglück einen Freund. Hunde und Sondierung dauern zu lange, er setzt sich zum Ziel, eine schnellere Suchmethode zu entwickeln. Die Idee der Recco-Technologie ist geboren.

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1983 wird das erste System eingeführt, die Firma Recco ist geboren.

Grandhelds Idee ist so simpel wie genial. Bergsportler sollen einen Reflektor auf sich tragen, Suchende können mit einem Detektor Lawinenverschüttete und Vermisste orten.

Ergänzung statt Konkurrenz

Der Gedanke, mit elektronischen Hilfsmitteln Lawinenverschüttete aufzuspüren, war damals kein neuer. Bereits 1974 kam mit dem Barryvox von Mammut das erste LVS auf den Markt. Hier kommt ein wichtiger Punkt ins Spiel.

Das Recco-System ist gegenüber einem LVS primitiv und die Detektoren sind ausschliesslich im Besitz von offiziellen Bergrettern. Warum soll eine bereits damals überholte Technologie, die nur von Profis genutzt werden kann, Sicherheit bieten? Die Frage hört man immer wieder, Unkenrufe gegenüber Recco sind nicht selten. Zu Unrecht, denn das System hat durchaus seine Vorteile.

Die Vision von Recco war stets, eine ergänzende Technologie anzubieten, die zusammen mit der gängigen Lawinenausrüstung einen weiteren Sicherheitsfaktor mit sich bringt.

Vorneweg muss verstanden werden, dass Recco nie als Ersatz oder gar Konkurrent zum LVS entwickelt wurde. Die Vision dahinter war stets, eine ergänzende Technologie anzubieten, die zusammen mit der gängigen Lawinenausrüstung einen weiteren Sicherheitsfaktor mit sich bringt. Doch nicht nur das Quasi-Anhängsel zum Standardequipment steht bei Recco im Vordergrund. Es gibt nämlich einige triftige Gründe, die kleinen Reflektoren mit sich zu führen.

Simpel – Sommer wie Winter

Ein Vorteil liegt in der Schlichtheit von Recco. Der Reflektor ist nicht grösser als ein Pflaster, wiegt nur wenige Gramm und braucht keine Batterien. Er muss also nicht angeschaltet werden, verliert nie an Signalstärke und benötigt keine Wartung.

Da er zudem in der persönlichen Ausrüstung fest integriert ist, kann er unmöglich vergessen werden und die Chance, ihn bei einem Unfall zu verlieren ist verschwindend klein. Die Reflektoren sind übrigens auch separat erhältlich und können an Rucksack, Helm oder Gurt angebracht werden. Wer also Kleidung ohne integrierten Reflektor besitzt, kann sich entsprechend aufrüsten.

Das System punktet mit einem enorm hohen Suchradius.
Das System punktet mit einem enorm hohen Suchradius.

Hoher Suchradius

Ein weiterer Faktor ist der Suchradius. Moderne Recco-Detektoren werden unter anderem an Helikoptern montiert. Das erlaubt einen immensen Suchkegel, der schnell abgeflogen werden kann. Gerade in alpinen Regionen, die zu Fuss schwer zugänglich sind, ist das ein Vorteil. Wobei wir beim eigentlichen Einsatzgrund angelangt wären: Dem Unfall selbst.

Gerade in alpinen Regionen, die zu Fuss schwer zugänglich sind, kann ein immenser Suchkegel schnell abgeflogen werden.

Ein LVS kann Leben retten. Was jedoch, wenn Verschüttete und Suchende kein LVS auf sich tragen? Wir reden hierbei nicht von bewussten Tourengängern, sondern von Opfern, die anderweitig in Lawinen geraten. Das kann sogar auf präparieren Pisten passieren, wie es in den letzten Jahren leider mehrfach vorkam. In solchen Fällen ist Recco das einzige Werkzeug, um aufspürbar zu sein.

Die meisten Unfälle finden im Sommer statt

Andere Jahreszeiten bergen ebenfalls Gefahren. Die meisten Unfälle in den Bergen passieren in den Sommermonaten – auch hier kann es entscheidend sein, in unübersichtlichem Gelände schnell gefunden zu werden.

Der Recco-Reflektor an sich ist technisch hoch simpel – und deshalb so genial.

Brenzlige Situationen gibt es leider viele: Eine Schlechtwetterfront beim Bergsteigen mit gefährlicher Unterkühlung als Folge, eine Verletzung in unwegsamen Gelände ohne Handyempfang. In solchen Situationen ist jeder Berggänger froh um schnelle Rettung.

Der Recco-Reflektor an sich ist technisch hoch simpel – und deshalb so genial. Es macht deshalb Sinn, beim Kauf von Bergsport-Ausrüstung auf das kleine Plättchen zu achten oder seine Ausrüstung zu ergänzen, denn es kann Leben retten.

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Über Bächli Bergsport

Bächli Bergsport ist das führende Schweizer Fachgeschäft für Klettern, Bergsteigen, Expeditionen, Wandern, Skitouren und Schneeschuhlaufen. An derzeit 13 Standorten in der Schweiz bietet Bächli Bergsport seiner Kundschaft fachkundige Beratung und hochstehenden Service. Auf LACRUX publiziert Bächli Bergsport in regelmässigen Abständen spannende Beiträge zu den Themen Klettern, Bouldern und Bergsteigen.

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Credits: Bild und Text Bächli Bergsport

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