Ratgeber: Darauf musst du beim Kauf eines Schlafsackes achten

Die aktuelle Wetterprognose kündet eine kräftige Bisenströmung an, die eiskalte Festlandluft zur Alpennordseite führt. Wer trotz Kälte nicht auf die Übernachtung im VW-Bus oder auf dem Crash-Pad verzichten will, dem sei die Wahl des richtigen Schlafsackes angeraten. Andrea Brändli von Bächli Bergsport zeigt euch, auf was ihr beim Kauf achten solltet.

Ein Beitrag von Andrea Brändli – Bächli Bergsport

Was gibt es schöneres, als nach einem Tag am Fels zurück zu kommen, sich müde und erschöpft in seinen Schlafsack zu kuscheln, das Erlebte nochmals Revue passieren zu lassen und dann entspannt einzuschlafen? Niemand wacht gerne in der Nacht frierend oder verschwitzt auf. Aus diesem Grund ist auch die Wärmeleistung eines Schlafsackes einer der wichtigsten Kriterien beim Kauf. Es ist sinnvoll, sich vor dem Kauf über die verschiedenen Modelle und Füllungen zu erkundigen und beraten zu lassen.

Von ultraleicht bis expeditionstauglich

Schlafsäcke können grob in fünf Einsatzgebiete unterteilt werden. Die Kategorien reichen von Modellen, die für Temperaturen um -40 Grad Celcius geeignet sind bis zu Modellen, die mit ihrem Packmass für Temperaturen bis 5 Grad Celcius verwendet werden können.

  1. Ultraleichtschlafsack mit geringem Packmass bis max. +5°C
  2. Leichtschlafsack für Trekking von Frühling bis Herbst und für Sommeralpinismus bis max. -5°C
  3. Ganzjahresschlafsack für Trekking, 3-Saison-Schlafsack fürs Hochgebirge bis max. -10°C
  4. Winterschlafsack für Hochgebirge und Expeditionen bis max. -25°C
  5. Expeditionsschlafsack für kälteste Regionen bis max. -40°C

Überlegt euch also gut, bei welchen Temperaturen und und in welcher Jahreszeit ihr euren Schlafsack am meisten braucht. Wichtig ist dabei auch der folgende Punkt:

Gfrörli oder kälteresistent – wir sind alle anders

Jeder Mensch empfindet Temperatur anders. Das sollte beim Verkauf immer berücksichtigt werden. Wichtig ist in erster Linie das Geschlecht. Frauen haben ein ganz anderes Wärmebedürfnis als Männer und brauchen in der Regel einen wärmeren Schlafsack. Ebenso entscheidend ist, ob man abends ausgeruht oder erschöpft zu Bett geht, wie viel man gegessen hat, ob man Alkohol getrunken hat oder wie viel man sich im Schlaf bewegt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Lage des Camps (Windexposition, Höhe, Luftfeuchtigkeit etc.), sowie die Isolierleistung der Schlafmatte. Darum: Auch das bei der Kaufentscheidung mitberücksichtigen.

Pflege – weniger ist mehr

Die Füllungen, egal ob Daune oder Kunstfaser, leiden unter jedem Waschgang. Mit jeder Wäsche verlieren die Daunen einen Teil des natürlichen Fettgehaltes, was dazu führt, dass sie spröde werden, brechen und ihre Bauschfähigkeit und das Isolationsvermögen verlieren. Kunstfasern haben eine raue Oberfläche, und damit sie sich nicht ineinander verhaken, werden die Fasern silikonisiert. Jede Wäsche strapaziert die Silikonschicht und verringert langfristig die Bauschfähigkeit des Faservlieses. Daher: Schlafsäcke an der Luft auslüften und einzelne Flecken im Aussenmaterial grundsätzlich mit klarem Wasser ausreiben. Komplettwaschen – soweit möglich – vermeiden!

Direkter Vergleich unterschiedlicher Marken dank EU-Norm

Seit 2005 gilt die Europäische Norm EN 13537 für die Kennzeichnung von Schlafsäcken, die vorgibt, wie Schlafsäcke getestet und bewertet werden müssen. Die Norm wird auf alle Schlafsäcke, mit Ausnahme von Militärschlafsäcken und Modellen für Extremtemperaturen (Komforttemperatur unter -25° C), angewendet. Bei extrem kalten Temperaturen sind die verwendete Kleidung und die Schlafmatte anders als in der Norm festgelegt. So kommen dort meist Daunenanzüge im Schlafsack oder militärische Kleidung zur Anwendug.

So werden Schlafsäcke dem Normtest unterzogen

Die EN-Methodologie definiert Temperaturbereiche, auf die man sich verlassen kann und durch die ein direkter Vergleich mit den EN-Bewertungen anderer Marken möglich wird. Für Temperaturtests nach EN 13537 wird eine lebensgrosse Puppe („Norm-Mann“ und „Norm-Frau“ mittleren Alters, mittlerer Grösse und mittleren Gewichts) mit Heizelementen und Temperatursensoren sowie mit langer Unterwäsche und einer Mütze ausgestattet. Dann kommt die Puppe in den Schlafsack. Der Schlafsack liegt auf einer Isomatte in einem klimakontrollierten Raum. Die Puppe wird bis auf menschliche Körpertemperatur aufgewärmt. Sowohl die Temperatur der Luft in der Klimakammer als auch die auf der „Haut“ der Puppe werden gemessen. Anhand dieser Messungen wird die Wärmeisolation des Schlafsacks bestimmt. Die Ergebnisse sind ausschlaggebend für vier EN-Temperaturbereiche. Nur ein Schlafsack, der 100 % mit den Vorgaben der EN 13537 übereinstimmt, darf das CE-Zeichen auf dem Produkt oder dem Hangtag tragen.

Die vier Temperaturbereiche der EU-Norm

Temperaturbereiche-der-EU-Norm

Obergrenze (rot, +25° Grad): Eine Temperatur, bei der der Norm-Mann ohne übermässiges Schwitzen schlafen kann. Dieser Bereich wird ohne Schlafsack-Kapuze und bei geöffnetem Reissverschluss ermittelt.

Komfort (rot/gelb, +2° Grad): Die Norm-Frau kann in einer entspannten Position bequem schlafen.

Limit (gelb/blau, -5° Grad): Der Norm-Mann kann acht Stunden lang in einer eingerollten Position schlafen ohne wegen der Kälte aufzuwachen und zu frieren.

Extreme (blau, -13° Grad): Überlebensbereich, die Minimaltemperatur, bei der die Norm-Frau sechs Stunden ohne das Risiko des Todes durch Unterkühlung (wobei Erfrierungen an der Haut nicht ausgeschlossen werden) aushalten kann.

Daunen- versus Synthetikschlafsack

Schlafsäcke werden in Daunen- und Synthetikmodelle aufgeteilt. Hochwertige Daune isoliert bei gleichem Füllgewicht wesentlich besser als synthetische Füllmaterialien, da die feinen Daunen warme Luft besser einschliessen als jede Synthetikfaser. Zudem sind Daunenschlafsäcke leichter und kleiner komprimierbar. Sie sind aber auch teurer als vergleichbare Synthetikschlafsäcke. Daunenschlafsäcke eignen sich besonders für Einsätze in den Bergen, spich in unseren Breitengraden.
Synthetikschlafsäcke hingegen eignen sich besonders für Gebiete mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit oder für Situationen, in denen aus einem anderen Grund mit Feuchtigkeit zu rechnen ist. In nassem Zustand behalten nämlich die Synthetikfasern ihre Isolierfähigkeit besser als Daune. Die neuen hochwertigen Synthetikfasern wurden speziell auf bessere Komprimierbarkeit weiterentwickelt, kommen diesbezüglich aber noch nicht an hochwertige Daunenmodelle heran.

Die Daunenschlafsäcke im Sortiment von Bächli Bergsport

Schlafsack Daune Mountain Equipment_Baechli Bergsport

Die Synthetikschlafsäcke im Sortiment von Bächli Bergsport

Schlafsack Synthetik Marmot_Baechli Bergsport

Daune ist nicht gleich Daune

Ein guter Daunenschlafsack wird vor allem durch die Qualität der Daunenfüllung bestimmt. Folgende Faktoren sind dafür massgebend: Beste Rohdaune stammt von ausgewachsenen und gut gehaltenen Gänsen aus kalten Gegenden. Gerupft wird von Hand am toten Tier. Erst durch richtiges Waschen und genaues Sortieren lassen sich gute Füllungen erreichen. Da reine Daune kaum erhältlich ist und ein gewisser Federanteil zur Stützung der Füllung notwendig ist, wird bei Füllungen das Mischverhältnis zwischen Daunen und Federn angegeben. Ein Wert von 90/10 bedeutet, dass sich die Füllung aus 90 Prozent Daunen und 10 Prozent Federn zusammensetzt. Da Daunen gegenüber Federn ein besseres Isolationsvermögen und ein geringeres Gewicht aufweisen, bestehen beste Füllungen aus bis zu 96 Prozent Daunen. Werte von 90/10 sind aber immer noch sehr gut.

Der Cuin-Wert gibt die Isolationsleistung der Daune an

Wie lässt sich aber die Isolationsleistung einer bestimmten Daunenqualität messen? Je mehr „stille“ Luft von der Füllung gespeichert werden kann, desto besser ist die Isolation. Somit muss eine bestimmte Füllmenge ein möglichst grosses Volumen erreichen, um darin so viel Luft wie möglich zu speichern. Ein guter Schlafsack zeichnet sich also dadurch aus, dass sich seine Füllung nach dem Auspacken aus der Hülle möglichst schnell und möglichst voluminös aufbauschen kann. Diese Ausdehnungskraft nach dem Komprimieren nennt man Fill Power (oder auch Loft, bzw. Bauschkraft) und ist mit einem standardisierten Verfahren messbar. Eine Unze (28g) einer Daunenfüllung wird in einen Messzylinder gefüllt und während 24 Stunden mit einer 100g schweren Platte belastet. Anschliessend wird die Platte entfernt und gemessen, auf welches Volumen sich die Füllung aufgebauscht hat. Das gemessene Volumen wird in Cuin (1 Cubic Inch = 16.39 cm³) angegeben. Gute Daune hat einen Wert von über 500 Cuin. 700 bis 800 Cuin sind Spitzenwerte und können nach dem internationalen Messstandard nicht übertroffen werden.

Die Kammern verteilen die Daune optimal

Um die optimale Wärmeleistung zu erreichen, müssen die Daunen in Kammern unterteilt werden. Die verschiedenen Konstruktionen haben die Aufgabe, die Daune optimal zu verteilen und Kältebrücken zu minimieren. Diese Kammernsystem gibt es.

Längskammern

Längskammern_Schlafsack

Längskammern haben senkrecht verlaufende Stege und unterstützen eine schnelle und gleichmässige Wärmeverteilung. Die Kammern verlaufen durchlaufend, sodass die Daunen individuell positioniert werden können indem man den Schlafsack schüttelt.

Querkammern

Querkammern_Schlafsack

Querkammern haben versetzte Nähte. Die Daune wandert in kleinere Kammern, sogenannte Quer- oder Schrägkammern und werden dort stabil positioniert. Dadurch können auch an den Schlafsackseiten Kältebrücken verhindert werden, auch an den Schlafsackseiten, was wiederum ein Maximum an Isolation gewährleistet.

V-Kammer

V-Kammern_Schlafsack

Der Aufbau der V-Kammern ist sehr aufwändig und teuer, fixiert jedoch die Füllung sehr gut und ist für extreme Temperaturbereiche geeignet. Am besten haftet die Daune an den geneigten Kammerwänden. Die Querstege sind am Seitensteg angenäht, dieser ist wiederum zwischen Ober- und Unterseite angebracht. Dadurch wird das Verrutschen der Daune verhindert.

Trapezkammer

V-Kammern_Schlafsack

Die Trapezkammerkonstruktion vereint die Vorteile von Quer- und V-Kammern, fixiert die Füllung ebenfalls sehr gut und sorgt für eine gleichmässige Daunenverteilung. Am besten haftet die Daune, wie bei der V-Kammer-Konstruktion, an den geneigten Kammerwänden.

Leicht und eng oder doch lieber ultrabequem?

Wichtiger oder zumindest ebenso wichtig wie das Kammersystem ist die Form des Schlafsackes. Folgende Optionen gibt es zur Auswahl.

Mumienform – Mountain Fit

Mumienform_Mountain-Fit_Schlafsack

Mit dieser Form von Schlafsack ist die Isolierung am effizientesten, da aufgrund der enggeschnittenen Passform sehr wenig Wärme verloren geht. Nachteil: Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt. Diese Form bietet sich an, um extrem leichte, klein verpackbare Schlafsäcke für den alpinen Gebrauch herzustellen.

Mumienform – Comfort Fit

Mumienform_Comfort-Fit_Schlafsack

Mit der etwas komfortableren Version des Mumienschlafsackes kann man mehr Bewegungsfreiheit geniessen. Nichts desto trotz wird dieser Schlafsack den höchsten Anforderungen gerecht, da er doch wesentlich besser isoliert als ein rechteckiger Schlafsack.

Rechteckige Form

Rechteckige-Form_Schlafsack

Diese Form bietet viel Bewegungsfreiheit und ist sehr gemütlich. Viele Schlafsäcke mit dieser Form sind mit einem Rundum-Reissverschluss ausgestatten und können somit auch als Decke verwendet werden. Diese Form von Schlafsack ist bei weitem nicht so thermoeffizient wie Mumienschlafsäcke und kommt vor allem bei nicht so tiefen Temperaturen zum Einsatz.

Riesige Auswahl an Schlafsäcken für alle Einsatzbereiche

Im Online-Shop oder in den Filialen von Bächli Bergsport findest du bestimmt den richtigen Schlafsack für ein nächstes Abenteuer.

Mountain-Equipment_Biwak_Schlafsasck
Hier lohnt sich ein warmer Schlafsack (Bild: Mountain Equipment)

 

 


Über Bächli Bergsport

Bächli Bergsport ist das führende Schweizer Fachgeschäft für Klettern, Bergsteigen, Expeditionen, Wandern, Skitouren und Schneeschuhlaufen. An derzeit 11 Standorten in der Schweiz bietet Bächli Bergsport seiner Kundschaft fachkundige Beratung und hochstehenden Service. Auf LACRUX publiziert Bächli Bergsport in regelmässigen Abständen spannende Beiträge zu den Themen Klettern und Bouldern.


 

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