Videoreportage: Yannick Glatthard und Silvan Schüpbach in der Nordwand des Gross Wellhorn

In der Nordwand des Gross Wellhorn richteten Silvan Schüpbach und Yannick Glatthard mit Ying Yang (450m, ~8b) eine neue schwere Mehrseillängenroute ein. Actiontalk TV begleitete Silvan und Yannick in der Route – und wurde unfreiwillig Zeuge eines üblen Sturzes.

Die Nordwand des Gross Wellhorn sticht ins Auge: ein Vergleich mit dem benachbarten Scheideggwetterhorn oder gar des ebenfalls in der Nähe liegenden Genferpfeilers des Eigers ist rasch gezogen.

Umso erstaunlicher, dass es in dieser Wand noch kaum Routen gibt. „Die Erstbegehung erfolgte über eine Technoroute in den Siebziegern“, sagt Silvan Schüpbach. Ansonsten hat da nicht viel stattgefunden, bis der Thuner Kletterlehrer vor einigen Jahren an den Wandfuss stieg und sofort das Potenzial für neue Felskletterrouten erkannte.

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Die imposante Nordwand des Gross Wellhorn.

Schüpbach ist bekannt für einen gnadenlos ehrlichen Erstbegehungsstil: wo immer möglich kommen Friends und Keile zum Einsatz – auch im Kalk beziehungsweise Marmor des Wellhorns. Und der ist übrigens oft abwärtsgeschichtet, wie Schüpbach gestikulierend erklärt: „Das ergibt einen tänzerischen und oft seitwärts orientierten Kletterstil. Das mag ich.“

Den unteren Wandteil auf der neuen Linie namens Ying Yang, (ca. 450 Meter, ~8b) hatte er schon länger einmal eingerichtet, höchst selten trifft man hier einen Bolt, die Schwierigkeiten bewegen sich bis 7a+. Dann erreicht man ein grosszügiges Band und von hier an geht die Wand von senkrecht zu leicht überhängend im orangen Fels über.

In der Schlüssellänge stecken nur wenige Haken

Die Crux-Pitch ist ein 40 Meter langer Ausdauerhammer im Bereich 8b, den Yannick Glatthard zu Ende gebohrt hatte. Es stecken kaum 10 Haken drin, will heissen: im Schnitt beträgt der Hakenabstand 4 -5 Meter, gerne auch mal mehr.

Dass es da ein paar Runouts geben wird, war klar.

Yannick Glatthard

Denn besonders im schweren Gelände zieht es Yannick vor, solange zu klettern bis er wieder einen Griff findet, von dem aus es sich bohren lässt. Nach der Schlüssellänge folgt noch der Ausstieg durch die Headwall, wo die Route wieder vor allem Trad abgesichert ist, auch ein Offwidth-Kamin gehört dazu. Die Fertigstellung der Route erfolgte im Laufe des Sommers 2020.

Im August gelang Silvan Schüpbach zusammen mit Matteo Della Bordella die erste Rotpunktbegehung. Dabei stiegen sie zuerst an den Fixseilen zur Schlüssellänge auf, um diese auszuchecken. Nachdem sie beide die Rotpunktbegehung erstaunlich schnell im Sack hatten, stiegen sie zunächst durch die Headwall aus, hatten allerdings keine Friends dabei.

Silvan Schüpbach nach der Rotpunktbegehung der Schlüssellänge von Ying Yang am Gross Wellhorn.

Nichtsdestotrotz kletterten sie sauber zum Top (!), seilten ab und erledigten auch noch den Teil vom Wandfuss bis zum zentralen Band. Tags darauf stiess Yannick dazu, auch er wollte nun die Rotpunktbegehung schaffen. Sein Plan sah vor, ebenfalls zuerst die schwerste Länge zu knacken. Beinahe hätte er sie bereits im zweiten Versuch geholt. Im dritten Versuch rutschte ihm der Fuss weg, er verhängte sich im Fixseil.

Yannick rutschte der Fuss weg. Was dann geschah, schaut ihr euch lieber im Video an.

Die komplette Rotpunktbegehung lag danach jedenfalls nicht mehr drin für Yannick. Dafür kletterte er noch einmal den oberen Teil der Schlüssellänge sauber durch. „Um wieder etwas Vertrauen zu finden. Ich weiss nicht, ob ich die Motivation gehabt hätte, wieder an diese Wand zu kommen, wenn ich haargenau weiss, wie übel es mich in dieser Seillänge abgeladen hat“, resümierte er danach.

Video: Silvan Schüpbach und Yannick Glatthard am Gross Wellhorn

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In der zweiten Ausgabe von BETA gibt es: Interviews mit Adam Ondra und Jakob Schubert zum Thema 9c Kletterrouten // Einschätzungen von Kletterphysio Klaus Isele // Kritik an den belgischen Kletterern Nico Favresse und Sébastien Berthe // News vom Eiger // Aufnahmen einer neuen abenteuerlichen Route an der Wellhorn Nordwand.
Trotz heisser Temperaturen, war Ende Juli einiges los im weltbekannten Klettergebiet Céüse, im Süden Frankreichs. Neben Alex Megos, der sein Langzeitprojekt Bibliographie abschliessen konnte, waren auch viele Schweizer Kletterer am Projektieren.

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