Yannick Glatthard punktet ernsthafte Route Portami Via an den Wendenstöcken

Dem Schweizer Kletterer Yannick Glatthard gelingt die vierte Rotpunktbegehung der Mehrseillängenroute Portami Via (7c+ expo, 7 SL) an den Wendenstöcken.

Yannick Glatthard, amtierender Schweizermeister im Eisklettern und Weltcup-Gewinner in derselben Disziplin vermeldet die erfolgreiche Rotpunktbegehung einer selten begangenen Route: Portami Via an den Wendenstöcken. Die Route am Pfeiler Strada del Sole erstreckt sich über sieben Seillängen und fordert Aspiranten mit Schwierigkeiten bis 7c+.

Wer nun denkt, das sei nichts weltbewegendes, der täuscht sich. Denn die Mehrseillängenrouten oberhalb Gadmen sind meist sehr abenteuerlich abgesichert. Portami Via ist definitiv keine Ausnahme. Nicht umsonst meint der US-Kletterprofi Tommy Caldwell über die fünfte Seillänge, es sei die furchterregendste Seillänge, die er je kletterte (2005). Auch Yannick, der die Route Anfang August punktete, sagt, die Route sei ein ernsthaftes „Testpiece“ für ihn gewesen.

„Das ist die furchterregendste Seillänge, die ich je geklettert bin“

US-Kletterer Tommy Caldwell nach seiner Begehung im Jahr 2012
Die besagte Schlüssellänge mit ihrer spärlichen Absicherung. (Bild Mario Heller)

Yannick Glatthard über die Begehung von Portami Via an den Wendenstöcken

„Ich habe schon sehr viel über diese Route nachgedacht und mich hat der Name Portami Via irgendwie begeistert. Im Jahr 2016 war ich schon nahe daran, die Route zu probieren. Doch als es soweit war, bekam ich Angst. Dieses Jahr war anders, ich kletterte oft in ähnlichem Gelände und war auch in den entsprechenden Schwierigkeitsgraden relativ sicher unterwegs. Darum haben Mario Heller und ich entschieden, es nochmals zu versuchen. Das Wetter war perfekt und wir gingen entspannt los. Die definitive Entscheidung in die Route einzusteigen, fiel dann aber erst oben am Einstieg.

Mario kletterte die ersten beiden Längen und wir hatten ein gewisses Gefühl für die Absicherung der Route gewonnen. Die Längen sind zwar sportlich, aber gut abgesichert. Dann war ich mit der ersten 7c+ dran, wo der Stil plötzlich änderte. Ich war mental noch nicht ganz auf der Höhe und habe viel zu viel Kraft versaut und somit eine Onsight-Begehung vermasselt. Im zweiten Versuch konnte ich dann die Länge punkten und kam in einen super Flow. Danach ging es in die 6c-Länge, die uns viel Zeit für die Absicherung mit Keilen und Friends gekostet hat. Auf dem nächsten Band angekommen, haben wir eine Mittagspause eingelegt und das wunderbare Ambiente an den Wendenstöcken genossen.

Nach der Pause ging es dann in die zweite Schlüssellänge. Für mich war klar, dass ich in diesem Gelände mit dieser Absicherung keinen zweiten Versuch machen wollte. Ich kletterte quasi von «Insel zu Insel» und kletterte so sicher wie möglich. Beim nächsten Stand angekommen war ich super happy, dass ich die zweite Schlüssellänge (7c/7c+) onsight begehen konnte – und ich mir einen zweiten Versuch ersparen konnte. Denn ich war nicht nur happy, sondern nervlich auch etwas strapaziert. Nach den beiden letzten, gemütlicheren Längen, ging es dann zu Felix vom Camping Gadmen, wo wir den Tag mit einer feinen Pizza und einem kühlen Bier abrundeten.“

Bildergalerie: Yannick Glatthard und Mario Heller in Portami Via

Erstbegehung im Jahr 2005 durch Fabio Palma, Domenico Soldarini und Matteo Della Bordella

Matteo Della Bordella und Fabio Palma sammelten mit der Route Portami Via ihre ersten Erfahrungen im Erschliessen einer Routen von unten an ihrem klettertechnischen Limit mit so wenig Bolts wie möglich. Zusammen mit Domenico Soldarini investierten die beiden fünf Tage in das – abenteuerliche – Einrichten der Route. Auf der Website Ragni della Grignetta wird ein Moment beschrieben, der bezeichnend ist die Erschliessungsgeschichte von Portami Via:

„Nachdem Matteo die schwierigste Stelle der fünften Länge entschlüsseln konnte, kletterte er 12 Meter – ohne Zwischensicherung – weiter, um dort einen Stand einzubohren. Er hängte in zwei kleinen Sky-Hooks und bemerkte, dass die Bohrmaschine feststeckte und er sie nicht zu sich hochziehen konnte. Er war gezwungen, sich an den zwei Sky-Hooks mit einem Einfachseil abzulassen.“

Quelle: Klettergruppe Ragni della Grignetta

Noch unschöner als beim Einrichten wurde es bei dem ersten Rotpunktversuch von Matteo und Fabio mit Davide Mazzucchelli und Erik Svab. Matteo stürzte weit, weshalb sich die Gruppe für einen Rückzug entschied. Damit war das Kapitel der Rotpunktbegehung für Matteo vorerst abgeschlossen. Erst im September 2016, nach der Rotpunktbegehung durch andere Seilschaften (siehe unten), kehrte der Italiener zurück, um sich der Route und damit auch der emotionalen Herausforderung zu stellen. Mit Erfolg. Er kletterte Portami Via Rotpunkt.

Tommy Caldwell klettert die Route onsight

Im Oktober 2005 bekam die Route Portami Via Besuch von den Schweizer Ueli Steck und Simon Anthamatten. Die beiden holten sich nach einem Tag des Projektierens die erste Rotpunktbegehung. Ueli Steck meinte nach der Begehung: „Portami Via ist eine fantastische Route, die in bestem Stil – mit wenig Bolts – eingerichtet ist!“ Lange blieb es ruhig um die Route, bis der US-Profikletterer Tommy Caldwell mit Luca Schiera in die Route einstieg. Tommy kletterte die Route onsight, wobei er in der fünften Seillänge nicht in der Originallinie. Er übersah einen Bolt und kletterte, mit selbst gelegten Sicherungen, eine 7b-Variation. Die fünfte Länge bezeichnete er als „furchterregendste Seillänge, die er je geklettert ist“.

Über die Mehrseillängenroute Portami Via an den Wendenstöcken

Erstbegehung: Matteo Della Bordella, Fabio Palma, Domenico Soldarini 2005
Erste Rotpunktbegehung: Ueli Steck und Simon Anthamatten
Länge: 230 Meter
Schwierigkeit: 7c+ (7b obl.)
Die Seillängen
SL1: 38m, 3 Bolts, 6b+
SL2: 25m, 6 Bolts, 7a
SL3: 24m, 4 Bolts, 7c+
SL4: 45m, 2 Bolts, xpo 6c
SL5: 40m, 5 Bolts, expo 7c+
SL6: 35m, 2 Bolts, 6a
SL7: 30m, 3 Bolts, 6b+

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Credits: Bildmateria zVg, Infos zur Erstbegehung

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