Diese Schweizer Trad-Klettergebiete solltest du kennen

Das Yosemite Valley mit seinen Routen an der Nose ist das wohl bekannteste Clean-Klettergebiet der Welt. Doch auch in der Schweiz gibt es zahlreiche Gebiete mit perfektem Fels und traumhaften Trad-Routen. Silvan Schüpbach (Kletterlehrer) und Tim Marklowski (Mountain Wilderness Schweiz) stellen drei Schweizer Gebiete für Anfänger sowie versierte Clean-Kletterer vor. 

Ein Gastbeitrag von Silvan Schüpbach und Tim Marklowski – Mit Unterstützung von Wild Country Schweiz

Clean Climbing – auch „Trad climbing“ genannt, ist ein besonderes Klettererlebnis. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Fels steht im Vordergrund, das Erlebnis zählt und Schwierigkeitsgrade sind eher nebensächlich. In der Schweiz werden Gebiete, in denen selbst abgesichert werden kann, immer rarer, vor allem wenn der Zustieg nicht endlos und der Fels nicht brüchig sein soll. Allzu oft finden sich heutzutage Bohrhaken neben perfekten Rissen, welche wunderbar mobil abgesichert werden könnten. Was in der Schweiz oft kommentarlos hingenommen wird, wäre andernorts ein kletterethisches No-Go und hochgradig verpönt. Bleibt dem Schweizer Trad-Kletterer also nur die Flucht nach Indian Creek oder ins Yosemite Valley? Und überhaupt, wo fängt man mit der Clean-Kletterei an, wenn man nicht gleich ins kalte Wasser springen möchte.

Hier lassen sich fast alle Routen selbst absichern - Bonnes Fontaines, Jura (Bild Michael Kropac).
Hier lassen sich fast alle Routen selbst absichern – Bonnes Fontaines, Jura (Bild Michael Kropac).

1. Bonnes Fontaines (Jura) – selber legen für Einsteiger

Mehr Bohrhaken als in der rissigen Übungsplatte im Klettergarten Bonnes Fontaines im Jura kann man eigentlich gar nicht setzen. Eigentlich schade, denn erstaunlicherweise lassen sich fast alle Routen gut selber absichern. Anfänger sind hier also genau am richtigen Ort: Alle 50 cm kann man etwas legen und jeden Meter die Friends oder Keile zusätzlich mit einem Bohrhaken hintersichern. Limitiert wird das Absichern lediglich durch den Platz an den Materialschlaufen (oder das Budget im Bergsportladen).

Wer das erste Mal eine Mehrseillängentour im Kalk selber absichern will, der sollte es mit der „Arête Ouest“ probieren (4b). Geübte Clean-Kletterer können sich an der Route „La Nostaligique“ versuchen. Beide Routen sind eingerichtet, aber clean machbar. Quasi Trad mit Netz und doppeltem Boden.

Führerliteratur: Jura keepwild! climbs, Mountain Wilderness Schweiz, topo.verlag

2. Zerfreilahorn – serious fun!

Das Matterhorn Graubündens ist ein absolutes Trad-Climbing-Mekka. Viel besser wird es wirklich nicht mehr! Die Routen sind überwiegend clean mit gebohrten Ständen. Bohrhaken stecken dort, wo mobile Absicherung nicht möglich ist. Für fitte und erfahrene Kletterer kann von einem der besten Schweizer Trad-Gebiete überhaupt gesprochen werden. Der raue und feste Gneis und die phänomenale Erscheinung des Zervreilahorns lassen keine Wünsche offen. Während der Nordost-Grat (5b) als moderate Tour durchgeht, fordern die Routen in der SE-Wand die komplette Kletterin. Rein von den Kletterschwierigkeiten bleibt „Nanouk“ (7a+) die Hammertour am Horu, während „Con Todo Guerrero“ (6c) das testpiece in Sachen Selbstabsichern sein dürfte. Weiter südlich in der Wand warten moderatere Touren wie „Atacama“, „Océano Naranjo“ oder „Cleopatra“ darauf in weiten Teilen mobil abgesichert und – vor allem – genossen zu werden. Am Fuss des Horns befindet sich ein eingerichteter Klettergarten, dessen Routen zum Teil auch „mobile pro“ zulassen.

Führerliteratur: Kletterführer Graubünden, Thomas Wälti, SAC

 

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3. Altmann (Alpstein)

Der Altmann im Alpsteingebirge war nicht umsonst zweimaliger Austragungsort der Keepwild Climbing Days. Hier ist für jeden etwas dabei, vom draufgängerischen Typus bis zum Geniesser. Die Routen sind zum Teil komplett eingerichtet, zum Teil aber auch nahezu clean (inkl. Standplätze). Zu den Genusstouren gehören der Ost- und der Westgrat, wenngleich auch hier mobil nachgeholfen werden darf. Die Südwandrouten sind divers: Während zum Beispiel die „Alte Südwand“ (5c+) sanft saniert ist, bleibt die linke „Südwand“ wild wie eh und je. Die Route „Allegro ma non troppo“ (6c+) ist ein hoch-technischer Plattenschleicher, bei welchem die Stände selbst gebaut werden dürfen. Quasi alles selber basteln darf man zum Beispiel in der Neutour „Bayerischer Sandmann“ (6a+, E4-5), welche athletische Moves in bestem Kalk bietet und ein alpines Abenteuer innerhalb eines halben Tages zulässt.

Führerliteratur: Kletterführer Alpstein, Werner Küng, SAC; Topo Neutouren (2016) auf Anfrage: [email protected]

Ein imposantes Stück Fels - Der Altmann im Alpsteingebirge (Bild Tim Marklowski).
Ein imposantes Stück Fels – Der Altmann im Alpsteingebirge (Bild Tim Marklowski).

Ein Kletterführer fürs Clean-Klettern ist kommenden Sommer erhältlich

Im Juni 2019 kommt ein Führer in die Läden, der Klettergärten und Mehrseillängenrouten vorstellt, welche sich für das Absichern mit Keilen und Friends eignen. Die Freude am Clean-Klettern ist vielschichtig: Der Fels steht im Vordergrund, Routen lesen und antizipieren sind wichtiger als beim reinen Sportklettern. Es wird unterschieden zwischen Übungs- und Anwendungsrouten: Übungsrouten sind ganz oder teilweise eingerichtet, das Legen der mobilen Sicherungsgeräte kann stressfrei geübt werden. Anwendungsrouten erfordern Keile und Friends. Die Gebietsauswahl reicht vom lang etablierten Klettergarten über vergessene und „renaturierte“ Routen bis hin zur frisch geputzten Neuschöpfung.

Der Auswahlführer C(H)lean ist eine Kooperation von Mountain Wilderness Schweiz und dem Schweizer Alpen-Club (SAC).

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