Von der Klimademo zum Rätikon-Klassiker: Dimitri Vogt klettert Silbergeier (8b+)

Dem Schweizer Kletterer Dimitri Vogt gelingt Anfang Oktober die Rotpunktbegehung einer der berühmtesten Mehrseillängenrouten der Alpen: Silbergeier (8b+, 6SL) im Rätikon. Für Lacrux lässt der Berner seinen Durchstieg nochmals Revue passieren – und er erklärt, welche Rolle der Klimawandel dabei spielt.

Erfahrungsbericht von Dimitri Vogt

Ende September bis Anfang Oktober verbringe ich mit meinem Kollege Samuel einige schöne Tage im Rätikon. Unser Ziel ist die schwierige Mehrseillängen-Route Silbergeier. Zwei Tage verbringen wir mit auschecken der einzelnen Seillängen. Obwohl danach alle Einzelstellen entschlüsselt sind, fühlt sich ein Durchstieg für mich noch nicht wirklich realistisch an.

Zu unsicher fühlen sich die kniffligen Plattenstellen an, als dass ich sie alle bereits am Stück klettern könnte.

Dimi Vogt
Dimi-Vogt-Silbergeier-klettern-im-Dunkeln
Früh aufstehen hätte sich gelohnt, Abseilen bei Nacht nach dem Auschecken

Silbergeier: Im Bereich des Möglichen?

Nach zwei Tagen Pause und einem Abstecher an die Klimademo in Bern mit einigen Kletterkollegen und -kolleginnen aus dem Nationalteam, steige ich am Sonntag wieder in die Mehrseillänge ein. Mein Ziel ist es, zu versuchen längere Stücke der Route zusammenzuhängen.

In der ersten Seillänge gelingt mir gleich im ersten Versuch ein erfolgreicher Durchstieg. Dies verleitet mich dazu, ohne grosse Hoffnungen auf Erfolg, einen spontanen Durchstiegsversuch der ganzen Route zu versuchen.

Dimi Vogt

Samuel unterstützt mich dabei. Irgendwie scheint es mein Tag zu sein, denn ich schaffe auch die nächsten drei Seillängen alle auf Anhieb. Die Tatsache, dass ich bereits die ersten vier Seillängen effizient gemeistert habe, motiviert mich und ich beginne daran zu glauben, dass ein Durchstieg im Bereich des Möglichen liegt.

Improvisierter Sonnenschutz beim Standplatz vor der Schlüsselseillänge von Silbergeier.
Improvisierter Sonnenschutz beim Standplatz vor der Schlüsselseillänge von Silbergeier.

Willenskraft und Hartnäckigkeit: Auch beim Klimawandel

Die Sonne brennt in die Süd-Wand. Ich klettere praktisch alle längen ohne T-Shirt, weil es so warm ist. Im diesjährigen Herbst wurden bereits unzählige Temperaturrekorde gebrochen. Die Klimaerwärmung schreitet voran und es ist dringend Zeit zum Handeln.

Immerhin haben am Tag zuvor 60‘000 Menschen auf dem Bundesplatz in Bern für mehr Engagement in Klimaschutz demonstriert. So wie ich hoffe, die nächste Seillänge erfolgreich zu meistern, hoffe ich noch mehr, dass die Politik zusammen mit der Gesellschaft bald mehr konkrete Schritte gegen die Klimaerwärmung unternimmt.

Dimi Vogt mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalkader an der Klimademo in Bern.
Dimi Vogt mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Nationalkader an der Klimademo in Bern.

Glücklicherweise weht nun eine leichter Wind. Nach einer Pause an dem warmen, aber gemütlichen Standplatz versuche ich mich in der schwierigen 8b+ Länge.

Mit sehr viel Willenskraft und dünner Haut schaffe ich es, die Schlüssellänge im 2. Versuch durchzusteigen. Danach kämpfe ich mich auch noch die letzte schwierige Länge nach oben.

Dimi-Vogt-Silbergeier-Rotpunktbegehung
Beim Auschecken fühlen sich die Runouts immer am furchteinflössendsten an.

Überglücklich und etwas erstaunt darüber was gerade passiert ist, finde ich mich am Top von Silbergeier wieder. Abermals werde ich mir bewusst, dass das scheinbar Unmögliche, mit viel Willenskraft und Hartnäckigkeit, möglich werden kann. Dies muss nun auch im Kampf gegen die Klimaerwärmung geschehen.

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Credits: Titelbild und Bilder im Text Dimi Vogt & Samuel

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