Der deutsche Alpinist Michi Wohlleben und der Südtiroler Simon Gietl haben vergangenes Wochenende die erste Winterbegehung der fünf Gipfel an den Drei Zinnen realisiert.
Die beiden starteten am 17. März 2017 um 06.45 Uhr unterhalt der Scoattoli-Kante und erreichten rund zweieinhalb Stunden später standen sie auf der Westzinne. Auf der Normalroute stiegen sie ab und kletterten via Dülfer auf die Grosse Zinne. Nach einem erneuten Abstieg über die Normalroute kletterten sie auf die Kleine Zinne über die normale Route und erreichten diesen Gipfel um 13.20 Uhr. Anschliessend seilten sie über die Innerkofler-Route ab und gelangten über den Westgrat zur Punta Frida. Weiter ging es auf den Preussturm, den die Seilschaft um 14.50 erreichte.
Nach insgesamt 9 Stunden und 15 Minuten erreichten die beiden Alpinisten wieder flächere Gefilde.
Michi Wohlleben und Simon Gietl auf dem Preussturm
Der Bericht von Michi Wohlleben
Als ich 2014 zusammen mit Ueli Steck die erste Nordwand Aneinanderreihung der Drei Zinnen im Winter gemacht hatte, bin ich davon ausgegangen, dass die Zinnen für mich vor erst kein Projekt mehr zu bieten haben. Als ich allerdings zwei Monate später fasziniert von der „Fitz Roy Traverse“ las, schoss mir dieses Bild von den Drei Zinnen und deren Winter-Gesamtüberschreitung in den Kopf. Ich wollte alle 5 Gipfel der Zinnen-Gruppe überschreiten, dieses mal ohne Support. Zu diesem Zeitpunkt war der Winter allerdings vorbei und somit wanderte Plan in den Ideenschrank.
Mit Simon Gietl den richtigen Seilpartner gefunden
Zufällig traf ich 2015 Simon Gietl, erzählte ihm von meiner Idee und er war ziemlich schnell begeistert. Er hatte mit Roger Schaeli schon vor einigen Jahren die erste Überschreitung der Drei Zinnen Gipfel, also Westliche, Große und Kleine Zinne gemacht. Allerdings in zwei Tagen und ohne die zwei Gipfel Punta Frida und Preussturm. Im Winter 2015/2016 klappte es für uns beide nicht und wir vertagten die Umsetung auf 2017.
Der Dezember bot keine richtigen Winterbedingungen
Als im Dezember mit dem „Winteranfang“ in den Dolomiten fast kein Schnee lag, war eigentlich klar, dass die Verhältnisse für unser Projekt perfekt gewesen wären, wir hatten auch beide Zeit, aber ich war nicht wirklich motiviert bei diesen Bedingungen eine „Winterbegehung“ zu machen. Das mag ein bisschen anmassend klingen, ist es aber nicht. Ich respektiere alle Winterbegehungen die Ende Dezember 2016 gemacht worden sind. Winter ist Winter ohne Kompromisse. Es ging mir einfach nicht darum eine „Nummer“ in das Routenbuch einzutragen, sondern um ein Erlebnis. Und das ist es für mich nur dann, wenn es sich auch so anfühlt wie „echter“ Winter.
Im Januar kam der Schnee
Der Winter kam Mitte Januar und somit für uns keine Option es wieder zu versuchen. Es verging Zeit. Gegen Ende Februar kamen wir wieder in Kontakt und fixierten die ersten März-Wochen um es zu versuchen. Nachdem wir uns am 16. März einen Überblick über die Lawinensituation und die Verhältnisse gemacht und am Einstieg ein bisschen Material deponiert hatten, starteten wir am nächsten Tag um 6.45 Uhr in die „Scoiattoli-Kante“ an der Westlichen Zinne. Da wir beide die Route nicht wirklich gut kannten, rechneten wir mit schwerem Gelände und schlechten Haken, aber irgendwie lief es besser als gedacht und wir konnten alles am laufenden Seil in 3 gestreckten Seillängen klettern. So fanden wir uns nach 2 Stunden und 20 Minuten auf dem Gipfel der westlichen Zinne wieder.
In Bewegung bleiben ist der Schlüssel zum Erfolg
Wir lachten und sagten: „Naja in Mathematik waren wir beide nicht gut, wenn aus geplanten 5h auf einmal 2h werden. Dafür klappt es eben im Klettern.“ Wir stiegen zügig den Normalweg ab und in die „Dülferroute“ an der Westwand der Großen Zinne ein. Es war windig und kalt aber auch hier kam uns das gleichzeitige Klettern entgegen – die ganze Zeit in Bewegung zu bleiben scheint der Schlüssel zum Erfolg bei schwierigen Winterbegehungen zu sein – und so standen wir nach einer guten Stunde in der Sonne auf dem Ringband kurz darauf um 11.26 Uhr auf dem Gipfel der großen Zinne. Wir hielten uns nicht lange auf und stiegen den Normalweg. In der Scharte zwischen Großer und Kleiner Zinne kochten wir einen Liter Wasser und kletterten dann über den Normalweg auf die Kleine Zinne. So langsam wurde uns auch klar, dass es heute nicht dunkel wird bis wir fertig waren, was der ganzen Geschichte ein bisschen Entspannung verpasste. Niemand klettert gerne in die Nacht hinein. Von der Kleinen Zinne seilten wir die „Innerkofler“ Route ab und stiegen über den Westgrat auf die „Punta di Frida“ auf.
Der spannendste Teil beginnt
Wir wurden uns bewusst, dass jetzt eigentlich mit der spannendste Teil der Route kam. Wir mussten in die Scharte zwischen Punta Frida und Preussturm. Ein abenteuerlicher Bereich der Zinnen, dunkel, kalt, exponiert und wenige Begangen. Auch wenn wir es im November schon ausgecheckt hatten, war das runter kommen ein bisschen aufwändig. Beim Abseilen merkten wir, dass wir im Herbst ein 8m längeres Seil bei uns hatten, was uns ein bisschen Ärger bereitete, sich aber zum Glück gut auflöste. Die letzten Meter auf den Preussturm waren fast ein Genuss. Wir freuten uns, mussten allerdings, um auf der perfekten Überschreitungslinie zu bleiben, noch den „Preussriss“ abseilen was trotz zu kurzem Seil gut funktionierte.
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Credits: Bildmaterial Michi Wohlleben und Fritz Miller
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