Nach Zwist zwischen Gemeinde und IG: So geht’s im Magic Wood weiter

Finanzielle Engpässe im Gemeindehaushalt, unterschiedliche Vorstellungen und eine Spendenkampagne, die vor sich hin dümpelt: Das Magic Wood ist im Umbruch. Was dies für die Boulderinnen und Boulderer bedeutet und wie es die nächsten zwei Jahre weitergeht.

Oberflächlich haben die darbenden Finanzen der Standortgemeinde Ferrera das Fass zum Überlaufen gebracht. Hinter den Kulissen hat es im Bouldermekka Magic Wood schon länger gebrodelt. Ein Streitgespräch zwischen Gemeinde und IG Magic Wood konnte nur bedingt die Wogen glätten. Unter den Boulderfans, die aus ganz Europa nach Avers pilgern, herrscht Verunsicherung. Wie geht es weiter mit dem beliebten Bouldergebiet?

Grundsätzlich Status Quo für die nächsten zwei Jahre

Zumindest in der kurzen Perspektive wird sich für die Gäste nicht all zu viel verändern. Die Gemeindeversammlung hat den Gemeindevorstand an ihrer letzten Zusammenkunft damit beauftragt, eine Kommission ins Leben zu rufen. Diese soll innerhalb der nächsten zwei Jahre für das Magic Wood sowie für das Val Ferrera als Tourismusregion ein Gesamtkonzept erarbeiten.

Wer in der Kommission Einsitz nehmen wird, ist abgesehen von einer Vertretung aus dem Gemeindevorstand noch offen. Die Zusammensetzung des Gremiums, der detaillierte Auftrag sowie die finanziellen Ressourcen sollen bis Ende August feststehen und beschlossen werden können. Wer Interesse an einem Sitz in dieser Kommission hat, kann sich auf der Gemeindekanzlei melden.

Weniger Parkplätze

Gleichzeitig hat die Gemeindeversammlung am 18. Juni aber auch das ausgearbeitete Projekt für neue Parkplätze zurückgewiesen. «Das Ergebnis der Gemeindeversammlung zeigt, dass es dem Vorstand nicht gelungen ist, der Versammlung die verschiedenen Elemente des Crowdfunding plausibel zu erklären», sagt Gemeindepräsident Markus Niederdorfer. Daher sei der Antrag zur Erweiterung der Parkplätze abgelehnt worden.

Es stehen nun sehr wenige Parkplätze zur Verfügung.

Markus Niederdorfer, Gemeindepräsident Ferrera

Dass der Kredit für die neuen Tagesparkplätze abgewiesen wurde, bedauert auch Martin Keller von der IG Magic Wood. «Leider hatte es der Gemeindepräsident and der Gemeindeversammlung versäumt, der Bevölkerung zu erklären und vorzurechnen, dass den Ausgaben für den Bau auch Einnahmen aus der Bewirtschaftung gegenübergestanden hätten.»

Möglicherweise weniger Zeltstandplätze

Die Aussetzung der Teilrevision des Bouldergebietes bedeutet auch, dass die Gemeinde nun die Möglichkeiten ausloten muss, um den Campingplatz gemäss geltendem Recht bis auf Weiteres betreiben zu können. Denn obwohl die Teilrevision jetzt sistiert ist, ist es nach wie vor so, dass das Besucheraufkommen im Magic Wood die Leistungsfähigkeit der Kläranlage oder die Anzahl der verfügbaren Parkplätze übersteigt.

Im schlimmsten Falle könne dies mit Massnahmen von Seiten der Behörden zu einer Schliessung des Campings führen, sagt Markus Niederdorfer. Damit rechnet der Gemeindepräsident von Ferrera jedoch nicht: «Ich gehe davon aus, dass eine Lösung gefunden wird.»

Wie diese genau aussehen wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer sagen. Es scheine gut möglich, so Niederdorfer, dass die Anzahl der Zeltstandplätze reduziert werden müsse. «Das bedeutet, dass Boulderer aus Übersee sehr früh buchen müssen, wenn sie einen sicheren Platz wollen.»

Wenn ich sage, dass die jährliche Besucherzahl des Magic Wood ihren Zenit erreicht hat, wird sicher kein Geheimnis verraten.

Markus Niederdorfer, Gemeindepräsident Ferrera

Aus Sicht der IG Magic Wood gibt es keinen vernünftigen Grund, den Camping zu schliessen. «Der Worst Case wäre eine Begrenzung der Besucherzahlen auf dem Camping, damit die Kapazität der Kläranlage nicht überstiegen wird», sagt Martin Keller. Aber selbst das sei durchaus umsetzbar, wenn es keinen anderen Ausweg gäbe.

Aktuell ist dies nicht einmal so ein grosses Problem, weil die Besucherzahlen aufgrund von schlechtem Wetter und wieder geändertem Reiseverhalten (nach der Covid-Zeit) wieder deutlich zurückgegangen sind.

Martin Keller, IG Magic Wood

Martin Keller hofft, dass aufgrund der Situation nach der Gemeindeversammlung nun nicht wieder Zusatzausgaben entstehen, zumal Lösungsansätze definitiv vorhanden seien. «Wir haben mit der IG Magic Wood schon ein Konzept erarbeitet, welches alle Vorgaben aus der Bevölkerung abdeckt. Wie von der Bevölkerung verlangt, bietet es eine neue Organisationsform für die touristische Infrastruktur und massive Mehreinnahmen aus dem Betrieb von Camping und Restaurant ohne über das Ziel hinauszuschiessen und die Region mit übertriebenen Marktingaktivitäten einzudecken und die Gäste zu vergraulen.»

Unterschiedliche Ansichten

Der Volkswillen ist im Magic Wood ein zentraler Parameter für eine erfolgreiche Zukunft des Gebiets. Was sich die Bevölkerung hinsichtlich des Bouldergebietes wünscht, wird von den beiden zerstrittenen Parteien unterschiedlich wahrgenommen.

Gemeindepräsident Niederdorfer sagt: «Ein grosser Teil der Bevölkerung ist müde und möchte einfach Ruhe. So schön der Magic Wood auch sein mag, brachte er viel Unruhe und Kosten. Im letzten Jahr gab es mehrere Neuzuzüge in die Gemeinde, welche sich nun auch politisch sehr engagieren und so zu anderen Sichtweisen beitragen. Solange diese zum Wohle der gesamten Gemeinde beitragen, werden diese vom Vorstand auch mitgetragen.»

Anders nimmt Martin Keller von der IG die Stimmung im Dorf wahr: «In Gesprächen mit diversen Einwohnern von Ferrera konnte ich feststellen, dass viele Einwohner keineswegs begeistert sind von der Idee des Gemeindepräsidenten, den Magic Wood einer grossen Reorganisation, Neuausrichtung und umfassenden Vermarktung zu unterziehen.

Viele Einwohner möchten einfach, dass aus dem Camping ein grösserer Beitrag an die Gemeinde zurückfliesst und es weiterhin kein Wildcamping gibt und der Wald weiterhin so sauber bleibt wie er zur Zeit ist. Genau dies sind die Punkte welche die IG Magic Wood auch zum Ziel hat.»

Bisheriger Pächter, vermutlich höhere Preise

An der Gemeindeversammlung von Mitte Juni hat der Gemeindevorstand auch den Auftrag gefasst, «neue, auf zwei Jahre befristete Pachtverträge für den Campingplatz und das Edelweiss mit Herberge abzuschliessen».

Auf Nachfrage bestätigt Markus Niederdorfer, dass diese Neuverhandlungen mit dem bestehenden Pächter Thomas Saluz geführt werden. Dabei würden die Erkenntnisse aus den bereits erwähnten Abklärungen einfliessen. Sprich: «Die Bevölkerung erwartet natürlich höhere Einnahmen aus diesen Betrieben.» Daher gehe er davon aus, dass die Preise für die Übernachtungen angehoben werden müssten, so Niederdorfer.

Dies sei im Rahmen der Teilumsetzung des Konzeptes der IG Magic Wood auch bereits geschehen, erklärt Martin Keller: «Die Preise wurden moderat erhöht und wir konnten der Gemeinde schon einen vierstelligen Betrag überweisen.»

Martin Keller ist immer noch zuversichtlich, dass für die Zukunft des Magic Wood eine gute Lösung gefunden werden kann: «Eine Bewirtschaftung der Parkplätze und eine moderate Erhöhung der Preise bei den Übernachtungen würde die notwendigen Sanierungen beim Camping ermöglichen und die Finanzen der Gemeinde entlasten.»

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