Wir dürfen vorstellen: Aidan Roberts, 9A-Boulder-Kandidat

Aidan Roberts zählt im Bouldern derzeit zur absoluten Spitzenklasse. Er zieht einen Highend-Boulder nach dem Anderen und darf – spätestens seit seinem jüngsten Trainings-Video – als ernsthafter Kandidat für den Bouldergrad 9A angesehen werden.

Der 23-jährige Brite Aidan Roberts wiederholt und eröffnet schwierigste Boulder in einer Frequenz, die aufhorchen lässt. Kostprobe gefällig? Im November 2021 eröffnet er Leopold von pooch (8C, FA), im Dezember folgt Truffles on Bicycles (8B+, FA). Zu Jahresbeginn wiederholt er Jerry Moffat’s The Ace (8B), im März flasht er Vecchio Leone (8B). Es folgen Kingdom sit (8C), Everything the Light Touches (8C, FA), Forgotten Gem (8C), Silent Singer (8C, FA), Raggamuffin (8C, FA) und jüngst Isles of Wonder Sitstart (8C+, FA).

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Ende Juli gelingt Aidan Roberts die Erstbegehung von Isles of Wonder Sitstart (8C+).

Isles of Wonder Sitstart

Vergangenen Sommer steht Aidan Roberts erstmals unter dem Block im Ogwen Valley in Wales, an dem Pete Robins 2012 die Linie Isles of Wonder eröffnete. Die Qualität des Felsens, der Stolz der Linie, die unvermeidliche Körperkraft, die erforderlich ist, um die seltsam gegensätzlichen Griffe zu nutzen, ziehen ihn in ihren Bann. «Im vergangenen Jahr habe ich oft daran gedacht und auch regelmässig Kommentare erhalten, die Sitzstart-Version zu machen. Aber ich war mir dessen bewusst, dass es alles andere, als eine triviale Aufgabe sein würde», erzählt der 23-Jährige.

«Die Linie ist eine wunderbare, seltene Konstellation, in der die härteste und die beste Kletterei, die ich je gemacht habe, zusammenfällt.»

Aidan Roberts

Dennoch nahm er die Herausforderung an und kehrte diesen Sommer – mit einem Jahr Training auf dem Buckel – nach Wales zurück. Die vollständige Linie habe sich immer noch schwer fassbar und anspruchsvoll angefühlt, so Aidan Roberts. Doch er beginnt Fortschritte zu machen. Ende Juli kann er alle Züge von Isles of Wonder Sitstart (8C+) zusammensetzen. Sein Fazit: «Die Linie ist eine wunderbare, seltene Konstellation, in der die härteste und die beste Kletterei, die ich je gemacht habe, zusammenfällt.»

Video: Worldclass – Die Story von Aidan Roberts‘ Durchbruch

In zehn Jahren an die Weltspitze

Blenden wir ein Jahrzehnt zurück. Aidan Roberts ist Dreizehn, als er zu klettern beginnt. Da er schon von klein auf sportbegeistert war und im Herzen des Lake District Hügel erklomm und auf Bäumen herumturnte, habe sich Klettern für ihn ziemlich natürlich angefühlt. Da er meistens alleine klettert, entwickelt sich Bouldern zu seiner Paradedisziplin. Motivation sei für ihn nie ein Problem gewesen. «Ich habe das Training von Anfang an geliebt.» Eine Punkt, der seine Karriere gerade auch in den letzten Jahren massgeblich mitbestimmt hat.

«Ich habe das Training von Anfang an geliebt.»

Aidan Roberts

Zwei Jahre nach seinem Kletter-Debüt beginnt er mit dem britischen Kletterteam an Wettkämpfen teilzunehmen. Mit Erfolg: 2015 darf er sich als European Youth Bouldering Champion feiern lassen.

Ein Sturz im französischen Boulderparadies Fontainebleau, bei dem sich Aidan Roberts eine schwere Fussverletzung zuzieht, bremst seine Karriere zwischenzeitlich aus. Doch der Youngster kehrt bald zurück. «Nach der Operation konnte ich wieder mit dem Training beginnen und machte erhebliche und dringend benötigte Kraftzuwächse.»

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Aidan Roberts 2015 während seines ersten Klettertrips in Fontainebleau. Bild: Aidan Roberts

Richtig stark am echten Fels

2018 gibt er sein Debüt beim Boulder-Weltcup der Herren. Er erreicht in Vail den 19. Rang. Es gelingt ihm aber auch im Folgejahr nie wirklich, am Plastik sein volles Potenzial zu entfalten. Anders am Fels. Im Herbst 2019 eröffnet er in Colorado den 8C-Boulder Railway. An der Linie in Wild Basin offenbart sich erstmals Aidan Roberts‘ unglaubliche Power. Einige der weltbesten Kletterer haben den 8C-Boulder zu wiederholen versucht. Bis Dato ist dies aber erst Matt Fultz gelungen.

Video: Aidan Roberts‘ Erstbegehung von Railway (8C) in Colorado

Im Sommer 2019 zieht Aidan Roberts nicht nur einige herausragende Boulder im Lake District, sondern eröffnet in seinem Heimatland in nur sechs Wochen eine Reihe schwieriger Linien im oberen achten Franzosengrad, darunter Lad Powers (8A+), Lady of the Forest (8B), Hathi Junior (8B), Copperline (8B+), Tranquilitas (8B+/C), Flip off at the Opera (8B+/C), Outliers (8C) und Superpowers (8C/+).

Seinen Durchbruch an die Weltspitze hat Lattice Training in einem eindrücklichen Film festgehalten. Die Trainings-Schmiede von Tom Randall und Ollie Torr, die schon so manche Spitzenathleten hervorbrachte, hat auch Aidan Roberts unter ihre Fittich genommen und so massgeblich zu seiner beeindruckenden Entwicklung beigetragen.

Video: So trainiert Aidan Roberts für 9A-Boulder

9A-Boulder – Eine Frage der Zeit

Im Spätherbst/Winter 2021 stattet der starke Brite Burden of Dreams im finnischen Lappnor einen Besuch ab. Die 9A von Nalle Hukkataival aus dem Jahr 2016 stellt neben Daniel Woods‘ Return of the Sleepwalker derzeit immer noch die Speerspitze des Möglichen dar. Zahlreiche Kletterprofis haben sich daran die Zähne ausgebissen. Angesichts Aidan Roberts‘ eindrücklicher Ticklist der vergangenen Jahre lag es es nahe, dass auch er sich an diesem Testpiece versuchen wollte.

«Der Stil von Burden of Dreams hat mich überrascht und viele Schwächen offenbart, die ich bisher unter meinen Stärken begraben konnte.»

Aidan Roberts

Es gelingt dem 23-Jährigen zwar nicht, den Boulder zu entschlüsseln. Die Reise habe sich für ihn aber alles andere als ein Misserfolg angefühlt, so Aidan Roberts. «Der Stil dieses Boulders hat mich überrascht und viele Schwächen offenbart, die ich bisher unter meinen Stärken begraben konnte.»

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Das Testpiece schlechthin: Aidan Roberts in Burden of Dreams im finnischen Lappnor. Bild: Samual James Pratt

Er habe noch nicht die Kraft und Kontaktstärke, um gewisse Bewegungen zuverlässig zu machen. Aber er sei begeistert von der Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Angesichts des Güllich-Bonmots dass genügend Kraft ein Zustand ist, den es gar nicht gibt, bleibt es spannend, mitzuverfolgen, was Aidan Roberts mit den Trainingsexperten von Lattice noch herauszuholen vermag.

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Credits: Titelbild Wedge Climbing

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