Schnellste Frau: Nadine Wallner bewältigt den Vertical Jungfrau Marathon in unter 17 Stunden

2 / 23 / 7a / 3.600 – das ist der Weltrekord-Code von Nadine Wallner beim Jungfrau Vertical Marathon. Als erste Frau erklomm sie in nur 16 Stunden und 20 Minuten 2 Felsrouten mit 23 Seillängen bis 7a und überwand 3.600 Höhenmeter bis zum Jungfrau-Gipfel.

Die Vorarlberger Bergführerin Nadine Wallner hat als erste Frau den Vertical Jungfrau Marathon als Eintagestour bezwungen. Zusammen mit ihrem Seilpartner, dem Schweizer Bergführer und Kletterer Simon Wahli, schaffte sie die wenig begangene Kombination aus 2 Felsrouten mit 23 Seillängen bis 7a und einer ernstzunehmenden Hochtour mit Gratkletterei bis zum Gipfel der 4158 Meter hohen Jungfrau in 16 Stunden und 20 Minuten.

Damit verewigten sie sich in der Geschichte des legendären Berges, über dessen Gipfel die Grenze zwischen den Kantonen Bern und Wallis verläuft.

Den Vertical Jungfrau Marathon als Eintagestour zu schaffen ist etwas ganz Besonderes!

Nadine Wallner

Günther Baumgartner hat Nadine Wallner nach ihrer Rückkehr zum Interview getroffen, um gemeinsam mit ihr dieses einmalige Erlebnis Revue passieren zu lassen.


Hi Nadine, was für ein Projekt … was für eine Leistung! Gratuliere zu diesem Rekord!

Nadine Wallner: Danke dir! Es war ein cooler Tag, das Wetter hat gepasst und es ist alles aufgegangen.

Okay, wir schätzen deine Bescheidenheit sehr. Aber heute, nachdem du als erste Frau der Welt überhaupt eine so schwierige Challenge geschafft hast … ein bisschen Fame muss sein!

Nadine Wallner: (lacht) Okay …! Die Ehrfurcht vor dieser Aufgabe ist einfach noch immer da, obwohl ich sie schon geschafft habe. Schließlich sind es so viele kleine Details, die an so einem Tag zusammenpassen müssen. Denn man ist nur Passagier der Natur, auch wenn die Vorplanung noch so perfekt war.

Wenn das Wetter nicht mitspielt, Wind und Niederschlag die Tour unmöglich machen oder man selbst nicht in 100-prozentiger Topform ist – all diese Faktoren spielen mit, um den Vertical Jungfrau Marathon in einem Tag zu schaffen. Darum ist der Respekt davor, dass alles geklappt hat, auch heute noch da.

Die Vorarlbergerin Nadine Wallner ist immer für aufsehenerregende Expeditionen gut. Oft hat die Freeskierin ihre Latten im Gepäck und Schnee als Untergrund, dieses Mal aber tauschte sie die Freeride-Ski gegen Kletter- und Bergschuhe. Bild: Tim Marcour / Red Bull Content Pool
Die Vorarlbergerin Nadine Wallner ist immer für aufsehenerregende Expeditionen gut. Oft hat die Freeskierin ihre Latten im Gepäck und Schnee als Untergrund, dieses Mal aber tauschte sie die Freeride-Ski gegen Kletter- und Bergschuhe. Bild: Tim Marcour / Red Bull Content Pool

Auch wenn alles perfekt zusammenpasst – die sportliche Challenge ist dennoch riesengroß und eigentlich kaum bewältigbar in so kurzer Zeit.

Nadine Wallner: Ich war nicht nur die erste Frau der Welt, sondern mit Simon Wahli gemeinsam eine der ganz wenigen Partien überhaupt, die diese Route als Eintagestour geschafft hat.

Ich hoffe, wir können mit unserer Begehung Outdoor-Enthusiasten und vor allem Frauen inspirieren, diese Linie aufzusteigen. Es muss ja nicht an einem Tag sein.

Nadine Wallner

Das heißt, bei euch hat alles zusammengepasst?

Nadine Wallner: Ziemlich viel auf jeden Fall, sonst wäre es unmöglich gewesen. Wir hatten nur ein Zeitfenster von vier Tagen, um den Vertical Jungfrau Marathon zu schaffen ohne Ausweich-Termin. Das hätte wahrscheinlich wieder etwas gedauert, bis Simon Wahli und ich wieder gemeinsam ready gewesen wären.

In den Tagen zuvor war es regnerisch und stürmisch. Der Wind war auch während unseres Aufstiegs ein Thema, aber auch unser Glück, dadurch waren die Wände trockener als erwartet.

Beim Vertical Jungfrau Marathon gilt es insgesamt 23 Seillängen mit Schwierigkeiten bis 7a zu bewältigen. Bild: Tim Marcour / Red Bull Content Pool
Beim Vertical Jungfrau Marathon gilt es insgesamt 23 Seillängen mit Schwierigkeiten bis 7a zu bewältigen. Bild: Tim Marcour / Red Bull Content Pool

Was sind die Schwierigkeiten, wo ist der Haken an dieser Route?

Nadine Wallner: Man muss klettern können und Erfahrung in Hochtouren und im Gratgelände haben. 23 Seillängen klettern können bis 7a. Und das alles in einem Tempo, das man sonst nicht anschlägt. Danach muss man aber auch abseits der Kletterpassagen die Konzentration immer hoch halten und schnell sein.

Man muss ein Allrounder sein, es wird einem das gesamte Skill-Set abverlangt.

Nadine Wallner

Apropos Grat: Zwischen ‚große Herausforderung‘ und ‚riskante Challenge‘ ist oft nur ein schmaler Grat. Wie schätzt du das ein?

Nadine Wallner: Es geht immer darum, was kann man, mit wem man unterwegs ist und wie gut man sich und sein aktuelles Leistungsvermögen in jeder Situation einschätzen kann. Das Risiko war die Kombination aus Länge der Tour, Schwierigkeitsgrad, Geschwindigkeit und dem ‚leichten Gepäck‘, das wir mit hatten.

Man hat nur wenig Material dabei, um schneller zu sein – da bleiben die Backups zu Hause. Wir hatten auch keine Depots eingerichtet.

Nadine Wallner

Ich hatte mit Simon Wahli außerdem einen Lokalmatador aus Grindelwald als Bergpartner an meiner Seite, mit dem ich sofort sehr gut harmoniert habe. Wir sind Alpin noch nie gemeinsam gestiegen, aber wir haben uns schon gekannt. Sein Stil suited mit meinem und auch er war top-motiviert, denn auch für ihn war es eine große Chance, diese Linie quasi direkt vor seiner Haustüre zu machen.

Nadine Wallner: «Der Vertical Jungfrau Marathon ist im Berner Oberland eine der logistischen Linien, die vom Tal bis auf einen 4.000 Meter hohen Gipfel führt. Darum ist dieser Spot auch so besonders.» Bild: Red Bull Content Pool
Nadine Wallner: «Der Vertical Jungfrau Marathon ist im Berner Oberland eine der logistischen Linien, die vom Tal bis auf einen 4.000 Meter hohen Gipfel führt. Darum ist dieser Spot auch so besonders.» Bild: Red Bull Content Pool

Hattest du das Ticken der Uhr immer im Hinterkopf?

Nadine Wallner: Natürlich hat man die Uhr im Blick. Aber eigentlich nur anfangs, denn wir waren in der ersten Wand so im Flow und super im Timing.

Die Zweite war anspruchsvoller als erwartet, noch alpiner und brüchiger – das hat uns etwas eingebremst. Aber dank unserer Erfahrung haben wir das auch gut geschafft.

Nadine Wallner

Danach haben wir uns nur noch auf uns konzentriert und die Uhrzeit nicht mehr wirklich im Fokus gehabt. Wir haben einfach gemacht, wir waren im ‚Tunnel‘. Wie heißt es so schön: Du bist nicht schneller, wenn du auf die Uhr schaust.

Was hat für dich den Reiz ausgemacht, diese Linie zu schaffen – und das in nur einem Tag?

Nadine Wallner: Es ist im Berner Oberland eine der logistischen Linien, die vom Tal bis auf einen 4.000 Meter hohen Gipfel führt. Darum ist dieser Spot auch so besonders. Es ist eine coole Linie mit vielen unterschiedlichen technischen Features.

Dieses Zusammenspiel der Talente machte für mich aber auch die Faszination dieser einzigartigen Challenge aus. Natürlich reizen Routen, die noch nicht oft oder noch nie bezwungen wurden, nochmal mehr. Da muss man sich aus allen Daten sein eigenes Projekt-Puzzle zu einem großen Ganzen zusammenfügen.

Vertical Jungfrau Marathon ist ein echtes Abenteuer, ganz nach meinem Geschmack!

Nadine Wallner

Nadine, danke für das spannende Interview und die interessanten Einblicke in deinen einzigartigen Vertical Jungfrau Marathon Daytrip! Wir sind schon gespannt auf deine nächsten Projekte!

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Credits: Text und Titelbild: Red Bull, Tim Marcour / Red Bull Content Pool

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