Bedeutender Bergsteigerpreis für spanischen Alpinisten Jordi Corominas

Jordi Corominas hat das Bergsteigen im Laufe seiner langjährigen Karriere in verschiedenen Bereichen geprägt. Mit seiner Vision von leichtem und progressivem Alpinismus hat er die Brücke zwischen zwei Generationen spanischer Kletterer geschlagen. Für sein Lebenswerk wird er mit dem 16. Piolets d’Or Lifetime Achievement Award geehrt.

Der spanische Alpinist Jordi Corominas erhält den prestigeträchtigen Piolets d’Or Lifetime Achievement Award. Die Auszeichnung wurde 2009 erstmals an Walter Bonatti vergeben und ehrt seither Alpinistinnen und Alpinisten, deren Karrieren nachfolgende Generationen inspirierten.

Nach Bergsteiger-Legende Bonatti wurde der Bergsteigerpreis an Reinhold Messner, Doug Scott, Robert Paragot, Kurt Diemberger, John Roskelley, Chris Bonington, Wojciech Kurtyka, Jeff Lowe, Andrej Štremfelj, Krzysztof Wielicki, Catherine Destivelle, Yasushi Yamanoi, Silvio Karo und George Lowe vergeben.

Jordi Corominas wird mit dem 16. Piolets d'Or Lifetime Achievement Award geehrt. Bild: Jordi Corominas
Jordi Corominas wird mit dem 16. Piolets d’Or Lifetime Achievement Award geehrt. Bild: Jordi Corominas

16. Piolets d’Or Lifetime Achievement Award für Jordi Corominas

Jordi Corominas ist ein langjähriger IFMGA-Bergführer und lebt in Benasque an den Südhängen der Pyrenäen. Geboren in Barcelona, verbrachte er seine Jugend mit Klettern in den Pyrenäen und den Bergen von La Rioja, wo er damit begann, neue Routen zu erschliessen. Anfang der 1990er Jahre entschied er, sich vollständig dem Bergsteigen zu widmen und wurde professioneller Bergführer.

Jordi Corominas hat bedeutende Beiträge zu verschiedenen Bereichen des Bergsteigens geleistet: von seinen persönlichen Besteigungen auf höchstem Niveau im puren Stil, seiner langen Karriere als professioneller Bergführer (über 30 Jahre Führungstätigkeit in den Alpen), seiner Rolle als Direktor des spanischen Nationalteams im Bergsteigen von 2002 bis 2010, bis hin zur Ausbildung neuer Bergführer.

Und dies setzt er fort. Kürzlich führte er seinen 90-jährigen Freund, den bekannten spanischen Bergsteiger und Expeditionsleiter Jordi Pons (der erste spanische Bergsteiger, der den Walker Pfeiler und die Eiger-Nordwand kletterte), auf den 4107 Meter hohen Mönch im Berner Oberland.

Am bedeutendsten ist vermutlich seine Vision des Alpinismus – leicht, frei kletternd, in modern progressivem Stil – mit der er den Übergang zwischen zwei Generationen spanischer Kletterer beeinflusst hat.

Bindeglied zweier Generationen

Der Alpinist und Journalist Oscar Gogorza schreibt über Jordi: «Lange bevor ich Jordi kennenlernte, war er bereits eine Legende in der kleinen Welt des spanischen Bergsteigens. Doch er zog es vor, zuzuhören, anstatt zu reden. Ich kenne ihn seit 25 Jahren, und ich habe ihn nie sagen hören: „Ich habe dies oder das bestiegen.“ Nie. Ich habe erst kürzlich die Tiefe seines Lebenslaufs entdeckt, den er so lange geheim gehalten hat.

Jordi ist das Bindeglied zwischen den spanischen Bergsteigern des 20. Jahrhunderts und denen des 21. Jahrhunderts. Durch seine Hände sind Schüler gegangen, die er zu Bergführern ausbildete; durch dieselben Hände gingen die Talente der nationalen Bergsteigermannschaften, denen er die höchsten ethischen Standards beibrachte – nicht durch Vorträge, sondern als Vorbild.

Interessanterweise liebt Jordi, obwohl er so zurückhaltend ist, die Worte. Er ist ein begeisterter Leser, hat Kastilisch studiert und ist der Gründer eines kleinen Verlags für Bergsteigerliteratur. Er war stets der Überzeugung, dass der wahre Wert des Bergsteigens in seinen Geschichten liegt. Der Mensch und seine Erfahrungen erzählen mehr als nur die Besteigungen. Tatsächlich hat er ein Bergsteiger-Wörterbuch von A bis Z geschrieben, das meiner bescheidenen Meinung nach mehr wert ist als seine berühmte zweite Besteigung der „Magic Line“ am K2.

Kurz nach dieser Besteigung vereinbarte ich einen Termin, um ihn zu interviewen. Ich brach bei Morgengrauen auf und fuhr fünf Stunden nach Benasque, wo ich ihn in der Sonne sitzen fand, mit einem Kaffee und einer Sandale an einem Fuß, der erfrorene Zehen zeigte. Drei Sekunden nachdem ich mich gesetzt hatte, sah er mich mit tiefem Ernst an und sagte, er würde mir nur die Fakten seiner Besteigung erzählen, nicht seine Gefühle. Diese seien seine eigenen, und er wolle sie nicht teilen. Ich verstand sofort, dass ich die Reise umsonst gemacht hatte.

Zehn Jahre später verpassten wir nach einer alpinen Unternehmung beide den Montenvers-Zug. Vor uns lag eine lange, langweilige Wanderung bergab, und ich sagte ihm, es sei an der Zeit, mir von seinen Gefühlen über den K2 zu erzählen. Er sprach – das Warten hatte sich gelohnt.

Während der Piolets d’Or 2024 hoffe ich, dass ihn jemand anders fragt, wie er sich jedes Mal fühlte, wenn er sich einer Herausforderung in den Bergen stellte, und nicht nur, was er bestiegen hat. Ich hoffe auch, dass er bei der Zeremonie genauso glücklich sein wird wie an dem Tag, an dem er sein Idol Walter Bonatti traf, als der Italiener den ersten Lifetime Achievement Award erhielt.»

Bedeutende Begehungen von Jordi Corominas

  • Pyrenäen: Er wiederholte fast alle klassischen Routen in der Gebirgskette und unternahm in den 1980er und 90er Jahren Winterbegehungen mythischer Routen wie der West-Nordwestwand des Grand Pic du Midi d’Ossau, des Nordgrates der Pique Longue du Vignemale, des zentralen Pfeilers an der Peña Telera und der Nordwand des Tour de Marboré, sowie zwei Solo-Versuche am Pilier de L’Embarradère am Grand Pic du Midi d’Ossau. Er eröffnete neue Routen sowohl im Sommer als auch im Winter in den Regionen Ordesa, Bujaruelo und Benasque.
  • Patagonien: 2008 Erstbegehung der Nordostwand des 3706 m hohen Cerro San Lorenzo (ED- bis zum Vorgipfel, nach Verbindung mit dem letzten Abschnitt der südafrikanischen Route am Ostgrat). 2012 Erstbegehungen des Ostpfeilers des 2640 m hohen Cerro Moyano (TD+) und des Ostpfeilers des 2580 m hohen Cerro Norte (TD).
  • Peru: 2003 Erste Solo-Begehung der japanischen Route an der Südwand des 6.395 m hohen Chopicalqui (TD). 2005 Neue Varianten (am Anfang und Ende) der französischen Route von 1973 an der Nordostwand des 6654 m hohen Huascarán Norte (TD-, 12 Stunden Hin- und Rückweg). Weitere Speed-Solos in derselben Saison: Erste Solo-Begehung (und sehr seltene Wiederholung) der ecuadorianischen Route (TD+) an der Südwand des 6259 m hohen Santa Cruz in sechs Stunden, danach ein Abstieg über die ursprüngliche deutsche Route (TD-) an derselben Wand in drei Stunden; Solo-Besteigung der Nordwestwand (TD-) des 6127 m hohen Sarapo in drei Stunden, gefolgt von einem Abstieg über die Nordostwand (TD-) in zwei Stunden. 2007 Erste Begehung der Westwand des 6265 m hohen Siula Chico (ED+) beim dritten Versuch innerhalb von fünf Jahren. Eine neue Route an der Nordwand des 6768 m hohen Huascarán Sur (TD+). Erste Begehung der Südwand des 6188 m hohen Nevado Copa (ED, bis zum Gipfelgrat). 2011 Erste Begehung eines direkten Abschlusses der französischen Route an der 6001 m hohen Chacraraju Este (ED). Eine Solo-Besteigung des 6025 m hohen Artesonraju.
  • Himalaya & Karakorum: 1991 Dhaulagiri (8167 m), Normalroute. 2004 Zweite Begehung der Magic Line (Süd-Südwestgrat) am 8611 m hohen K2, Solo-Aufstieg ab ca. 8.300 m und Abstieg über den Abruzzisporn. Zu dieser Zeit galt die Magic Line als die technisch schwierigste Route am Berg, und es gab seitdem keine weitere Besteigung. 2006 Speedbegehung des 8035 m hohen Gasherbrum II über die Normalroute in einem einzigen Anlauf. 1988 Erreichte 7.400 m auf der ursprünglichen österreichischen Route des Lhotse Shar. 2000 Versuch am Nordostgrat des Everest. 2006 Begehung der Westwand und des Südgrats des Gasherbrum IV bis auf etwa 7.200 m im Alpinstil. 2010 Versuch an der österreichischen Route des Lhotse Shar und an der Südwand des Lhotse, beide im Alpinstil. 2013 Versuch an der Südwand des Xixabangma im Winter, im Alpinstil, mit Anmarsch aus Nepal. 2019: Versuch im Alpinstil an der Originalroute der Südwand des Nuptse und erneut an der österreichischen Route des Lhotse Shar.
  • Weitere Besteigungen – alle im Alpinstil: 1990 Dritte Gesamtbegehung und erste im Alpinstil am Westgrat des 6904 m hohen Thalay Sagar (V+ 60°). 1994 Zweite Begehung des Südostgrats (Bonington-Fotheringham-Route) des 6501 m hohen Shivling West (ED-). Erstbegehung von „Kundalini“, Ostwand des 6450 m hohen Meru North (6b, A2+ 85°). 2002 Versuche neuer Routen an Meru South und Meru North. 2009 Erstbegehung des Südpfeilers bis zum Südvorgipfel (6600 m) des Tengi Ragi Tau (ED). Zweite (Solo-)Begehung der Ost-Südostwand/Schlucht (Steck-Route, M5 50–60°) am 6495 m hohen Tawoche. Solo-Begehung des 6812 m hohen Ama Dablam über die Südwand. 2011 Erstbegehung der Westwand und des Südwestgrats des 6700 m hohen Cho Polu (TD). 2014 Zweite Begehung der Westwand (Infleti, TD) des 5945 m hohen Chugimago North und die Erstbegehung der direkten Südwand des 6257 m hohen Chekigo (AI5/5+ M6).

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Credits: Titelbild Jordi Corominas, Text Piolet’s d’Or

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