Hakenausbruch an der Ammerthaler Wand: Ursache untersucht

Am 29. Juli 2020 kam es zu einem Hakenausbruch eines Top-Rope-Standes an der Ammerthaler Wand im Frankenjura. Die IG Klettern Frankenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald e.V. veröffentlicht nun die Ergebnisse einer Untersuchung.

Zusammenfassung der Bohrhakenuntersuchung der Sicherheitsforschung (SiFo) des DAV an der Ammerthaler Wand

Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf Haken, welche ähnlich dem Unfallhaken, mit Ausstand – also nicht felsbündig – gesetzt waren. Getestet wurden dabei sowohl Zwischen- wie auch Umlenkhaken.

Alle mit Ausstand gesetzten Haken, die geprüft wurden, erreichten bei den radialen Belastungsversuchen Höchstzugkräfte, die oberhalb der Normanforderung DIN EN 959 (radial 25 kN) lagen. Anzumerken ist diesbezüglich jedoch, dass der Unfallhaken als gemeinsamer Umlenkpunkt von mehreren, sehr beliebten Routen hochbelastet und frequentiert war und die getesteten Haken vermutlich weniger Lastwechsel bzw. Belastungen ausgesetzt waren.

Nach Mitteilung der Polizei an die SiFo konnte durch ein metallurgisches Gutachten ein Materialfehler als Ursache für den Hakenbruch ausgeschlossen werden.

Die Firma Salewa, als Hersteller des Unfallhakens, hat mit Haken des gleichen Typs Simulationsversuche durchgeführt. Bei den Dauerlastversuchen wurde ein Belastungsmodell mit Werten zwischen 0,6 und 1,6 kN gewählt. Das entspricht einer Belastung wie sie beim Abseilen auftritt. Höhere Belastungsstufen, wie etwa bei Topropestürzen, wurden dabei nicht berücksichtigt.

Der Hakenausstand war bei diesem Versuch ~12 mm, der Hebelarm betrug ~32 mm. Die Simulationsversuche ergaben, dass sich ein korrekt felsbündig gesetzter Haken im Bereich einer unendlichen Lebenserwartung befindet. Ein mit Ausstand gesetzter Haken befindet sich dagegen deutlich im Bereich der endlichen Haltbarkeit. Eine überschlägige Berechnung mit allen Unabwägbarkeiten ergibt, dass ein mit Ausstand gesetzter Haken ab ca. 3100 Abseilvorgängen brechen kann. Bezogen auf den Unfallhaken, der 2002 bei der Erschließung der Wand gesetzt wurde, kommt dies einer Abseilbelastung an jedem zweiten Tag gleich.

Zusätzlich wurden drei weitere Haken getestet; zwei aufgrund fraglicher Felsqualität und einer wegen kritischer Positionierung. Der als fehlerhaft positioniert eingestufte Haken war an einer stark überhängender Stelle nicht senkrecht zur Felsoberfläche, sondern horizontal gesetzt. Bei diesen drei Haken kam es durch Felsversagen zum Hakenausbruch. Dabei wurden Auszugswerte zwischen 6 kN und 10 kN ermittelt, also Werte die weit unter der Normanforderung von 25 kN liegen.

Nach Ansicht der SiFo besteht dringender Sanierungsbedarf bei sehr beliebten und somit häufig bekletterten Touren, deren Umlenkpunkt nur aus einem mit Ausstand gesetzten Verbundhaken besteht. Zudem muss beim Setzen von Haken immer die Gesteinsqualität berücksichtigt werden. Außerdem ist die korrekte Positionierung von Verbundhaken zu beachten. Diese müssen, auch in stark überhängendem Gelände, senkrecht zur Felsoberfläche gesetzt werden.

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Credits: Bild und Text IG Klettern Frankenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald e.V.

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