Der Kletterfilm The Dawn Wall mit Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson feiert Premiere

Im Januar 2015 sorgten Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson für ein weltweites Medienspektakel. Sie begingen eine der schwersten Mehrseillängentouren der Welt: Die Dawn Wall im Yosemite Valley. Red Bull Media House und Sender Films haben die beiden begleitet und einen atemberaubenden Film produziert, der am 4. Oktober Premiere in der Schweiz feiert.   Ab 20. November wird der Film auf iTunes erscheinen.

Es war einer der Kletterhöhepunkte des Jahrzehnts, der ein globales Publikum fast drei Wochen lang in Atem hielt: Zwei Kletterer stellten sich einer der härtesten Mehrseillängentouren der Welt. Mit der Begehung der Dawn Wall im Yosemite Valley ging für Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson ein längjähriger Traum in Erfüllung. 19 Tage verbrachten die beiden in der 914 hohen Wand mit ihren 32 Seillängen beim erfolgreichen Durchstiegsversuch. Bis dahin war es ein weiter und steiniger Weg.

Während den 19 Tagen war das ihr gemütliches Zuhause (Bild Red Bull Content Pool).
Während den 19 Tagen war das ihr gemütliches Zuhause (Bild Red Bull Content Pool).

Die Geschichte hinter der Begehung

Eine Filmcrew folgte jedem Schritt von Caldwell und Jorgeson und jetzt, drei Jahre später, wird das Projekt wieder zum Leben erweckt. Der Film The Dawn Wall (Durch die Wand) dokumentiert nicht nur den erfolgreichen Aufstieg, sondern auch Caldwells siebenjährige Besessenheit von der Route und die Wege, die ihn schließlich zum Ziel führten.

„Erst im Film kriegt man eine Ahnung davon, was die beiden auf sich genommen und durchgemacht haben.“ – Regisseur Peter Mortimer

Trailer des Films The Dawn Wall

Film auf iTunes vorbestellen

Wer den Filmstart vom 20. November 2018 auf iTunes nicht verpassen möchte, kann The Dawn Wall vorbestellen.

Tommy Caldwell im Interview über die Begehung von Dawn Wall

Tommy, wie kam es zur Idee die Dawn Wall zu klettern?

Ich klettere inzwischen seit 25 Jahren am El Capitan. In der Zeit bin ich alle existierenden Routen x-mal geklettert. Ich bin durch jeden Spalt, jeden Riss geklettert. Irgendwann kam der Moment, in dem ich mich gefragt habe, wie viel für mich da oben noch möglich wäre. Und weil ich so viel Erfahrung mit diesem Berg hatte, war ich wahrscheinlich der einzige Mensch, der beurteilen konnte, dass die spiegelglatte Struktur der Dawn Wall, die für jeden anderen unbezwingbar aussah, vielleicht doch geklettert werden könnte. Also fing ich an, nach einer Route zu suchen. Dann kam Kevin dazu und schloss sich dem Vorhaben an.

Was hat dich über so viele Jahre hinweg angetrieben?

Am Anfang war es nur eine Wunschvorstellung herauszu nden, ob man an dieser Wand überhaupt klettern kann. Dann musste ich durch eine Scheidung, und der Gedanke an die Dawn Wall half mir, den Verlust und Schmerz besser zu verkraften. Das führte im Anschluss wieder zu der Idee, dass an dieser Wand womöglich mehr machbar wäre, als man denkt. Es gibt zu Beginn des Films eine Sequenz über Kirgisistan – ich wurde dort von militanten Islamisten entführt. Während dieser Entführung bewältigte ich Situationen, die ich mir bis dahin niemals zugetraut hätte. Dadurch wurde mir auch klar, dass wir Menschen viel mehr können, als wir glauben. Jedenfalls mehr, als im normalen Alltag von uns abverlangt wird. Seitdem war ich neugierig, was ich noch alles kann und die Dawn Wall feuerte diese Neugier noch weiter an.

Tommy Caldwell hat schon einiges erlebt (Bild Red Bull Content Pool).
Tommy Caldwell hat schon einiges erlebt (Bild Red Bull Content Pool).

Kannst du uns beschreiben, wie ein Tag in der Wand aussieht – vom Aufstehen bis zum Schlafengehen?

Normalerweise geht Big-Wall-Klettern so: Man steht in der Morgendämmerung auf und klettert den ganzen Tag, bis es wieder dunkel wird. Die Dawn Wall ist da völlig anders: Um dort zu klettern, brauchst du die besten Bedingungen, und das bedeutete: Kälte. Wenn es heiß ist, sind die Fingerspitzen weich und gehen leichter kaputt, auch der Gummi an den Schuhen reibt viel schneller ab. Also mussten wir warten, bis es kühl genug war, was oft dazu führte, dass wir erst nachts klettern konnten. Unser Tagesablauf war also ziemlich seltsam. Wir wachten mit der Sonne auf – es gibt an der Wand keinen Schatten, und in der knallenden Sonne kann man unmöglich schlafen – somit waren wir wach und lungerten den ganzen Tag im Portaledge herum, bis die Sonne nicht mehr auf die Wand schien. Das war gegen 17 Uhr, von da an kletterten wir bis 1 Uhr nachts, die meiste Zeit mit Stirnlampe. Aber es war eine gute Kombination: Tagsüber konnten wir den beeindruckenden Ort genießen, an dem wir uns aufhielten, uns unterhalten und herumblödeln. Am Abend wurde es dann ernst und wir verbrachten etliche Stunden in voller Konzentration.

„Wir kletterten wir bis 1 Uhr nachts, die meiste Zeit mit Stirnlampe. Tagsüber war es zu heiss.“ – Tommy Caldwell

Wie wichtig ist ein Kletterpartner bei einem langjährigen Projekt, wie die Dawn Wall?

Zu zweit hat man viel mehr Energie als allein! Egal was man macht, es ist in jedem Fall wichtig, einen guten Partner zu haben. Mit Kevin kann man sich auf Abenteuer einlassen, aber man kann mit ihm auch ein Unternehmen zu Ende bringen. Außerdem wollen wir uns manchmal gegenseitig übertrumpfen, und dann strengen wir uns gleich ganz anders an.

Dank Red Bull Media House und Sender Films können wir in das Abenteuer eintauchen (Bild Red Bull Content Pool)
Dank Red Bull Media House und Sender Films können wir in das Abenteuer eintauchen (Bild Red Bull Content Pool).

Wie haben dich Familie und Freunde über die Jahre hinweg unterstützt?

Meine Eltern haben mich schon immer unterstützt, sie kamen oft in den Yosemite-Nationalpark und sahen mir beim Klettern zu. Manchmal stiegen sie mit auf und sicherten mich. Dann waren da all die Leute – von Freunden bis Zaungästen, die sich hin und wieder am Fuß der Wand versammelte, um Kevin und mich anzufeuern. Es war recht interessant: Da gab es Leute, die uns unterstützten, weil sie wussten, was uns das Klettern bedeutete. Ob unser Dawn Wall Projekt jemals ein Erfolg werden würde, war ihnen dabei egal. Aber es gab auch die, die dachten, wir wären ziemliche Idioten, weil wir Jahre mit einer Sache verschwendeten, die wahrscheinlich doch nie klappen würde. Den Mut gaben uns natürlich die anderen, und die Familie und Freunde.

Das Ereignis rief ein riesiges Medienecho hervor. Wie fühlte es sich an, ständig gefilmt zu werden? Wie war es, von der ganzen Welt beobachtet zu werden, während man gerade die schwierigste Route seines Lebens macht?

Dieser Medienzirkus gehörte zu den absurdesten Dingen, die ich je erlebt habe. Ich fühlte mich noch nie besonders wohl, wenn ich in der Öffentlichkeit stand, und auf einmal stand ich es mehr als je zuvor. Das war in einer Hinsicht ganz cool, weil es unsere Besessenheit rechtfertigte – wir dachten, jetzt kriegen wir den Respekt für all die Jahre, die wir mit unseren Versuchen an der Dawn Wall verbracht haben. Trotzdem gab es eben auch Zuschauer, die uns für verrückt erklärten. Andererseits haben wir eine Menge Leute inspiriert, das hat mir schon große Freude gemacht. Insgesamt war es aber eigenartig, sich auf jedem Sender der USA selber zu sehen, und zudem noch auf etlichen anderen weltweit.

Wie hast du erfahren, dass der Entführer in Kirgisistan noch am Leben war?

Wir konnten damals aus der Geiselnahme iehen, weil ich unseren Entführer über eine Felswand hinunterstiess. Danach liefen wir davon und fanden einen Militärposten, der uns weiterhalf und versorgte. Zurück zuhause war ich überzeugt, ich hätte den Rebellen umgebracht. Ungefähr drei Monate später fand ein Journalist heraus, dass der Mann überlebt hatte. Das kirgisische Militär hatte ihn gefunden und eingesperrt. Nachdem man mir erzählte, dass er am Leben war, habe ich es zuerst nicht geglaubt. Aber die Information wurde bewiesen, was mich sehr erleichterte. Der Gedanke, dass ich jemanden getötet hatte, war mir schrecklich nahegegangen. Was mich bei der Sache am meisten erschreckt hatte, war die Erkenntnis, dass ich dazu fähig war, jemanden zu töten. Klar kann man denken, der gehörte zu den kirgisischen Rebellen, der war mein Feind, aber ich habe die Rebellen damals durchaus als Opfer ihrer Umstände gesehen. Ich meine, wer weiss: Wenn ich in ihrer Welt aufgewachsen wäre, wäre ich vielleicht auch einer von ihnen geworden.

Credits: Titelbild und Interview Red Bull Content Pool

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