Dimitri Flick klettert Lehn-Testpiece Finite Infinity (9a)

Der Schweizer Kletterer Dimitri Flick punktet im Berner Klettergebiet Lehn die Route Finite Infinity und stรถsst damit erstmals in den Grad 9a vor. Im Interview verrรคt Dimitri, was es fรผr diesen Erfolg brauchte, wie er seinen Frust beim Projektieren รผberwand und inwiefern ihm die Wettkampfsaison in die Karte spielte.

Dimitri Flick hat kรผrzlich Finite Infinity (9a), das Testpiece von Matthias Kรถnig im Berner Klettergebiet Lehn wiederholt. Fรผr den Schweizer Kletterer und Routenbauer ist es die erste 9a seiner Kletterkarriere. Seine Begehungen von BaBa Black Sheep (8c+) in Ceรผse, Halibut (8c+) in Flatanger oder Hybris (8c+) im Lehn waren jedoch deutliche Vorzeichen.

Dimitri Flick in Finite Infinity (9a), der schwierigsten Linie im Klettergebiet Lehn. Bild: Rainer Eder
Dimitri Flick in Finite Infinity (9a), der schwierigsten Linie im Klettergebiet Lehn. Bild: Rainer Eder

Dimitri, was bedeutet dir dein Erfolg in Finite Infinity?

Meine erste 9a zu klettern, ist ein Traum. Es zeigt mir, dass man alles erreichen kann, wenn man es wirklich will. Mir war es wichtig, eine Route auszusuchen, die in der Nรคhe ist. Dies, um den Druck zu mindern, nicht jedes Mal um die halbe Welt reisen zu mรผssen. Dies wรคre auch รถkologisch sehr fragwรผrdig.

ยซMeine erste 9a zu klettern, ist ein Traum. Es zeigt mir, dass man alles erreichen kann, wenn man es wirklich will.ยป

Dimitri Flick

Kannst du den Tag des Durchstiegs nochmals kurz fรผr uns Revue passieren lassen?

Es war zum ersten Mal sehr kalt, etwa fรผnf Grad. Fรผr mich sind dies die perfekten Bedingungen. Ein paar Tage zuvor fiel ich beim letzten schweren Zug und wusste somit, dass es mรถglich ist.

Finite Infinity besteht aus einem ersten sehr physischem, kurzen Boulder, gefolgt von einem mittelguten Schรผttler. Danach kommt ein zweiter, lรคngerer und technisch anspruchsvoller Boulder. Zum Schluss klettert man eine ausdauernde 8b bis zum Top.

ยซAls ich das Top klippte, konnte ich es kaum glauben. Ich war รผberglรผcklich.ยป

Dimitri Flick

Ich kam รผber den ersten Boulder, zwar nicht perfekt aber okay, und sagte zu mir: ยซLos jetzt!ยป Der erste Teil des zweiten Boulders lief so gut wie noch nie. Im oberen Teil des zweiten Boulders begann der Kampf und hielt ganz knapp den letzten Griff. Danach musste ich noch bis ans Top klettern.

Ich hatte diesen Teil gut eingeรผbt, war aber trotzdem sehr nervรถs. Doch es ging problemlos. Ich flog beinahe durch die Zรผge. Als ich das Top klippte, konnte ich es kaum glauben. Ich war รผberglรผcklich.

Wie gehst du bei lรคngeren Projekten mit dem Thema Frust um?

Wenn ich frรผher eine Route รผber lรคngere Zeit probierte, wurde ich oft ungeduldig. Oftmals beeinflussten mich die Bedingungen sehr, was mich dann frustrierte. Bei Finite Infinity hatte ich eine andere Strategie. Ich nahm jeden Tag so, wie er ist.

Wenn die Bedingungen schlecht waren, schliff ich an den Bewegungen und wenn sie gut waren, gab ich Versuche. So erzielte ich praktisch jeden Tag Fortschritte. Entweder fand ich eine bessere Beta, wurde effizienter oder konnte einen neuen Highpoint setzen.

ยซDies ist etwas, was ich in dieser Route gelernt habe: Sei geduldig und nimm jeden Tag, so wie er ist. Mach alles, was du beeinflussen kannst und akzeptiere alles andere.ยป

Dimitri Flick

Finite Infinity ist deine erst 9a, wie ist es dazu gekommen?

Ich habe lange sehr viel trainiert und praktisch keine Fortschritte gemacht. Im Jahr 2019 habe ich im Tessin meinen Fuss gebrochen. Diese Zeit nutzte ich, um zu trainieren. Sobald ich meinen Kletterschuh wieder anziehen konnte, punktete ich meine erste 8c. Von da an ging es aufwรคrts.

ยซIm Sommer 2021 konnte ich mit BaBa Black Sheep in Cรฉรผse meine erste 8c+ klettern. Dies erรถffnete mir neue Ziele. ยป

Dimitri Flick

Ich habe 2020 mit Wettkรคmpfen begonnen. Dies gab mir einen neuen Reiz. Im Sommer 2021 konnte ich mit BaBa Black Sheep in Cรฉรผse meine erste 8c+ klettern. Dies erรถffnete mir neue Ziele. Bei meinem ersten Besuch vor einigen Jahren hatte ich auf dem Stil im Lehn noch keine Chance.

Das scheint sich in der Zwischenzeit geรคndert zu haben.

Im Herbst 2021 kam ich zurรผck und konnte Mission Miranda (8c) innert zwei Tagen klettern. Danach legte ich meinen Fokus auf Hybris (8c+). Aus meiner Sicht eine der besten Linien der Schweiz in diesem Grad. Es war ein Traum, der schneller endete als gedacht. Ich konnte sie im neunten Versuch klettern.

ยซHybris ist aus meiner Sicht eine der besten Linien der Schweiz in diesem Grad.ยป

Dimitri Flick

Die Linie Finite Infinity von Matthias Kรถnig stach mir danach sofort ins Auge. Ich sah ihn bei meinem ersten Besuch im Lehn in dieser Route und war fasziniert. Als ich sie dann Anfang Winter 2021 erstmals auscheckte, war ich sofort inspiriert und konnte es kaum abwarten, sie im Frรผhling erneut zu probieren.

Und wie ging es weiter?

Im neuen Jahr blieben mir rund drei Tage, bis es zu warm wurde und die Wettkampfsaison startete. 2022 qualifizierte ich mich fรผr meine ersten internationalen Wettkรคmpfe. Mit meinem 13. Platz in Arco und meinem 5. Platz am Europacup in Zilina schaffte ich den Sprung in die Schweizer Nationalmannschaft 2023.

ยซNach dem Wettkampf-Saisonende hatte ich genug vom Plastik und war sehr motiviert, meine Fitness an den Fels zu bringen. ยป

Dimitri Flick

Nach dem Wettkampf-Saisonende hatte ich genug vom Plastik und war sehr motiviert, meine Fitness an den Fels zu bringen. Ich wollte mich voll und ganz auf Finite Infinity fokussieren. Es war jedoch noch zu warm. Also konzentrierte ich mich die ersten Tage darauf, die Sequenzen einzuรผben.

Der Startboulder ist sehr intensiv und man kann nicht chalken. Darum war ich auf kalte und trockene Bedingung angewiesen. Ich machte gute Fortschritte und nach circa sechs Tagen konnte ich die Route am 6. November 2022 durchsteigen.

Wie ist es fรผr dich, jetzt mit etwas zeitlichem Abstand auf Finite Infinity zurรผckzublicken?

Ich bin sehr glรผcklich und stolz auf mich. Jedoch ist in meinem Herz auch etwas Wehmut, da ich den Prozess in der Route sehr genossen habe.

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Credits: Titelbild Rainer Eder

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