Als der französische Profikletterer Sébastien Bouin von einem neuen Sektor in Datça hörte, wollte er so schnell wie möglich hinfahren. Sein Ziel: Das Einrichten einer neuen Megalinie. Als Begleiterin konnte er seine Mutter gewinnen. Beiden richteten Teile der stark überhängenden und langen Route ein und benannten die Linie in Anlehnung an Seb’s Grossmutter Lily’s Eye. Eine dreiteilige Video-Serie erzählt die Geschichte der Erschliessung, beginnend mit der ersten Video-Episode im heutigen Beitrag.
Ein Beitrag von Seb Bouin
Ich hörte von diesem Gebiet und der Höhle ein paar Monate bevor wir dort hinfuhren. Als ich die Bilder sah, wollte ich das Gebiet sofort besuchen, um die Linie in der Mitte einzurichten. Ich war auf der Suche nach einer „Mega Line“, etwas Großes, etwas sehr, sehr Großes. Und diese Linie war einfach perfekt.
Auf diese Reise nahm ich eine gute Partnerin mit – meine Mutter. Sie ist immer motiviert, mich auf neue Expeditionen zu begleiten. Dies war jedoch das erste Mal, dass sie eine Route einbohrte. Eine echte Novizin! Aber es hat total Spaß gemacht, ihr zu zeigen, wie das geht.
Ich bohrte den oberen und mittleren Teil der Route ein, während sie sich den unteren Part vornahm. Es war eine ziemliche Herausforderung, mit dem Einbohren überhaupt anfangen zu können. Zusammen mit dem französischen Kletterer Adrien Boulon verbrachten wir mehrere Stunden damit, den Ausstieg des Felsens zu erreichen. Es gab unheimlich viele Bäume und keinen Weg. Wir schleppten tonnenweise Ausrüstung mit, die natürlich sehr schwer war.
Die von Seb eingerichtete Route befindet sich in der Nähe der Ortschaft Datça (Türkei)
Als wir endlich oben angekommen waren und das Seil aufgehängt hatten, um mit dem Einbohren zu beginnen, fiel mir auf, dass ich meine Bohrmaschine vergessen hatte. In dem Moment wäre ich am liebsten runtergesprungen, haha. Also musste ich runterlaufen und mich nochmal nach oben durchkämpfen. In der Dämmerung begannen wir schließlich mit unserer Arbeit.
Meine Mutter ist ein ganz besonderer Mensch. Es macht einfach Freude, ihr beim Klettern zuzusehen. Nie hat sie einen Plan, wo sie hinklettern soll, also gebe ich ihr eine Menge Tipps. Sie wird jedoch kaum müde und stürzt daher auch nicht. Es wird nie langweilig mit ihr. Die Beziehung zwischen Mutter und Sohn beim Klettern und im Allgemeinen ist etwas Einmaliges. Manchmal ist es schwierig und manchmal einfach nur großartig. Das ist eine besondere Kombination für eine tolle Reise.
Schließlich konnten wir unsere „Mega Line“ fertigstellen. Ihr Name ist „Lily’s Eye“, eine Hommage an meine Großmutter Lily. Sie wird immer ein Auge auf uns haben.
Video über Seb Bouin beim Einrichten der Route Lily’s Eye
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Credits: Text und Bild Seb Bouin/Black Diamond