Highball oder Free Solo? Karo Sinnhuber klettert Black Beat (7b+)

Karo Sinnhuber wiederholt in Sundergrund im Zillertal den Mega-Highball Black Beat. Wir haben mit der Österreicherin über ihren jüngsten Erfolg, die mentalen Aspekte dieser Begehung und über die Grenzen zwischen Highball und Free Solo gesprochen.

Karo Sinnhuber klettert seit sie vier Jahre alt ist. Nach zwanzig Jahren Wettkampfzirkus hat sie sich 2019 entschieden, nicht mehr an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen und sich stattdessen aufs Bouldern am Fels zu konzentrieren. Vor kurzem sicherte sie sich eine der raren Begehungen von Black Beat, einer eindrücklichen Linie im Zillertal, wo die Grenzen zwischen Highball und Free Solo fliessend sind.

Karo Sinnhuber freut sich auf dem knapp 15 Meter hohen Block über ihre Begehung von Black Beat (7b+).
Karo Sinnhuber freut sich auf dem knapp 15 Meter hohen Block über ihre Begehung von Black Beat (7b+).

Hey Karo, herzliche Gratulation zu Black Beat! Wie fühlt man sich nach einer solchen Begehung?

Wie immer war das Gefühl am Block oben zu stehen extrem geil! Ich war richtig stolz, ihn direkt in der 1. Session gemacht zu haben, ohne lange herumzufackeln.

Jedoch hab ich glaub zum ersten Mal in meiner Kletterkarriere gesagt: „Zum Glück haben wir das heute überlebt, lass uns anstossen!“

Karo Sinnhuber

Heute kann es gut gehen – beim nächsten Mal dann vielleicht nicht mehr; es ist nur ein sehr schmaler Grat. Deshalb: das Glück nicht herausfordern! Und jetzt wieder zurück zu bissl niedrigeren Bouldern, die auch echt als „Boulder“ durchgehen.

Würdest du Black Beat überhaupt noch als Boulder bezeichnen oder schon als kurzes Free Solo?

Much Mayr hat ihn als 7b+ Route angegeben. Wahrscheinlich würde eine Bewertung wie beim Tradklettern Sinn machen. 7A Boulder mit einer Ernsthaftigkeit von E7 oder E8. Definitiv schwer zu bewerten, wobei es mir hier eher um die Linie und den Reiz, als um den Grad ging.

Du hattest schon länger mit dem Gedanken gespielt, Black Beat zu klettern, oder?

Seit ich 2019 den Highball Knocking on Heavens Door gemacht habe, der direkt am gleichen Block ist, wollte ich noch höher hinaus. Ich wusste, dass da eine 7b+ Route rauf geht, die extrem wenig Begehungen hat.

Im Laufe der Jahre waren ein paar Freunde von mir mit einem Seil drinnen und meinten alle nur: «voll scary!!! Da ist ganz oben nochmal so ein blöder Aufsteher auf einem Bein!» Das hat mich ehrlich gesagt ein bisschen abgeschreckt.

Karo Sinnhuber in besagtem Aufsteher, wo ein Abflug nicht mehr drin liegt. Bild: Fabian Leu
Karo Sinnhuber in besagtem Aufsteher, wo ein Abflug nicht mehr drin liegt. Bild: Fabian Leu

Aber der Reiz war trotzdem noch da, den Jungs zu beweisen, dass es doch geht. Und mir zu beweisen, dass ich mich noch weiter pushen kann im Highball-Game.

Karo Sinnhuber

Braucht man bei solch einem Highball überhaupt einen Spotter?

Falls doch der Ernstfall eintreten sollte, und man stürzt, ist es nie verkehrt, jemanden dabei zu haben. Ich hoffe natürlich immer, dass es nicht soweit kommt. Auch wenn der Grad nicht zu hart war, ist es auch immer cooler, jemanden dabei zu haben, um sich beta-technisch austauschen und sich den ein oder anderen Trick abschauen zu können.

Für den ersten kräftig-technischeren Teil war ein Spotter noch ganz fein. Denn da würde man die Pads noch sinnvoll nutzen können. Nach den ersten 4-5 Metern waren Spotter und Matten dann aber auch unnötig.

Ab einer gewissen Höhe macht es in meinen Augen nicht mehr viel aus, ob 3 oder 10 Matten drunterliegen. Hier darf man einfach nicht mehr fallen.

Karo Sinnhuber

Wo liegen die Schwierigkeiten von Black Beat?

Anfänglich fand ich, dass es zwei Schlüsselstellen gibt. Doch je länger wir die Stellen auscheckten, desto kletterbarer wurde alles und im Endeffekt war es nur noch ein anhaltend spannender hoher Boulder. 

Am Anfang musste man sich gleich mal gut an ein paar Seitleisten festhalten, die Füsse auf schlechten Schmiertritten und ziemlich hoch zum Ansteigen. Bis man dann nach 4 Zügen an der Kante stand und sich für den für mich technisch anspruchsvollen Teil bereit machte.

Karo Sinnhuber in den letzten einfacheren Zügen vor dem Ausstieg. Bild: Fabian Leu
Karo Sinnhuber in den letzten einfacheren Zügen vor dem Ausstieg. Bild: Fabian Leu

Links und rechts hat man je eine Kante in der Hand und der rechte Fuss – ebenfalls an der Kante – verhindert eine offene Tür nach links rüber. Wenn man am Ende der Kante ist und den Körper endlich auf die rechte Seite lehnen kann, hat man kurz Zeit zum Durchatmen. 

Ab hier vermeidet man – wenn möglich – einen Sturz. Es folgen ein paar leichte Züge Richtung Aufsteher, wo man eine relativ gute Kante links und einen ganz guten Tritt mit links hat.

Nun muss man eben extrem hoch auf diesen guten Tritt ansteigen und mit dem ganzen Gewicht aufhocken und sich dann auf eine flache Dellenleiste raufschieben.

Karo Sinnhuber

Ab hier ist es dann gelaufen und man klettert noch ein paar Züge auf der Platte zum Ausstieg rauf.

Wie bist du diesen Highball angegangen?

Ich checke meine Highballs grundsätzlich mit dem Seil aus, bevor ich ohne einsteige. Grundsätzlich seilt man sich mal von oben rein, schaut die Griffe durch, putzt etc. Dann zieht man die Kletterschuhe an und klettert mal von unten Stelle für Stelle nach oben.

Wenn ich mich nicht 100% safe fühlen würde, weil eine Stelle wackelig ist, oder die Beta noch nicht im Kopf drin ist, würd ich NIEMALS ohne Seil einsteigen. Das wär mir zu gefährlich.

Karo Sinnhuber
Karo Sinnhuber: «Bei Black Beat ging es mir mehr um die Linie und den Reiz, als um den Schwierigkeitsgrad ging. Bild: Fabian Leu
Karo Sinnhuber: «Bei Black Beat ging es mir mehr um die Linie und den Reiz, als um den Schwierigkeitsgrad ging. Bild: Fabian Leu

Wie ist es dir gelungen, nicht irgendwo hoch oben die Nerven zu verlieren?

Ich steige in Highballs nur dann ein, wenn ich mir sicher bin, dass es klappt. Mit den vielen Jahren Klettererfahrung vertraue ich meinem Körper soweit, dass er es einschätzen kann.

Während des Kletterns bin ich in einem Flow, das bewahrt mich vor schlechten Gedanken.

Karo Sinnhuber

Dieses Mal war es insofern einzigartig, dass extreme Föhnböen wehten, und man jederzeit mit einer rechnen musste. Lösung: einfach gut festhalten!

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Credits: Titelbild Fabian Leu

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