Video-Hommage ans Tessin: Ticino Gravity

Ticino Gravity erkundet, worum es beim Bouldern wirklich geht, und gibt Einblicke in die Geschichte und Hintergründe des Boulderns. Seit Jahrzehnten zieht diese magische Region Kletterer aus aller Welt in ihren Bann. Darunter Legenden und Pioniere, die in den Tessiner Boulderblöcken nicht nur persönliche Herausforderungen, sondern auch eine tiefe Verbindung zur Natur und zur Klettercommunity gefunden haben. 

Viele Kletterer werden von der Anziehungskraft der Tessiner Boulderblöcke angezogen. Bereits in den 80er Jahren erwies sich der magnetische Reiz der Schweizer Gegend als unwiderstehlich, wie Richi Signer, Sportkletterer und Boulderer der ersten Stunde, bestätigt:

Mir stachen die unzähligen Blöcke mit feinster Oberflächen-Textur ins Auge. Meine Herzfrequenz erhöhte sich augenblicklich, meine Augen galten nur noch dem enormen Bouldermöglichkeiten.

Richi Signer

Tessin: Liebe auf den ersten Blick

40 Jahre später geht es Black Diamond Athlet Kim Marschner ähnlich: «Ich verliebte mich sofort in das Tessin und wusste, dass ich in diesem Bouldergebiet Zeit verbringen wollte, um legendäre Klassiker zu wiederholen und neue Boulder zu erschliessen.»

Seine Schönheit wie hier in Brione hat das Tessin in Kombination mit seiner unglaublichen Felsvielfalt zu einem der bekanntesten Bouldergebiete der Welt gemacht. Bild: Alex Fuchs
Seine Schönheit wie hier in Brione, hat das Tessin in Kombination mit seiner unglaublichen Felsvielfalt zu einem der bekanntesten Bouldergebiete der Welt gemacht. Bild: Alex Fuchs

Für Kim Marschner und Kaddi Lehmann ist das Tessin fast zu einer zweiten Heimat geworden. Sie zeigen euch, woher ihre Liebe zu diesem Gebiet kommt, und nehmen euch mit auf eine Reise in eines der besten und bekanntesten Bouldergebiete der Welt – das Tessin. Mit seinen Weltklasse-Bouldergebieten wie Chironico, Cresciano, Callanca, Brione und Valle Bavona, wo Bouldergeschichte geschrieben wurde.

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Hommage und Aufruf zugleich

Sie treten in die Fussstapfen von Claudio Cameroni, Fred Nicole, Bernd Zangerl, Thomas «Steini» Steinbrugger, Michi und Ivan Tresch, um nur einige zu nennen. Deshalb trafen sie sich auch mit Richi Signer, einem der ersten Visionäre, der das Potenzial des Boulderns in Chironico erkannte. 

Ticino Gravity ist nicht nur eine Hommage an das Tessin und das Bouldern, sondern auch ein Aufruf zum Handeln, um mehr über die heiklen Zugangsprobleme, die örtliche Kultur und über unsere eigene Klettercommunity zu erfahren, damit wir zusammen diese schönen Plätze bewahren, die wir so lieben. 

Hat im Tessin schon viele harte Linien wiederholt und neue Testpieces erschlossen: Kim Marschner. Bild: Alex Fuchs
Hat im Tessin schon viele harte Linien wiederholt und neue Testpieces erschlossen: Kim Marschner. Bild: Alex Fuchs

Embrace Gravity (8B+): Kim Marschner’s jüngstes Testpiece

Erfahrungsbericht von Kim Marschner

«Das erste Mal war ich 2016 im Tessin. Damals wurde ich 18 und durfte endlich Auto fahren. Ich kaufte meinen ersten Bus, lud zwei Freunde ein und dann fuhren wir in die Schweiz.

Schon bald richtete sich meine Aufmerksamkeit auf das Val Bavona. Das ist ein Seitental des Valle Maggia, und als ich zum ersten Mal dort hinfuhr, war ich überwältigt von der unglaublichen Menge an Boulderblöcken.

Man fährt dieses enge Tal hinauf, und gleich am Anfang befinden sich links und rechts der Strasse ganze Felder mit Felsblöcken. Das Besondere an Bavona ist, dass die meisten der erschlossenen Boulderprobleme 8a oder schwieriger sind.

In diesem kleinen Tal gibt es über zehn mit 8C und schwerer bewertete Boulderprobleme. Ich kenne keinen anderen Ort auf der Welt, wo das so ist. 

Kim Marschner
2016 war Kim Marschner zum ersten Mal im Tessin, seither hat es ihn immer wieder in die Sonnenstube der Schweiz gezogen. Bild: Alex Fuchs
2016 war Kim Marschner zum ersten Mal im Tessin, seither hat es ihn immer wieder in die Sonnenstube der Schweiz gezogen. Bild: Alex Fuchs

Der vielleicht perfekte Block

Ich bin stunden- und tagelang durch den Wald und die Hügel hinauf gewandert, um nach Boulderblöcken zu suchen. Mich motiviert der Gedanke, den einen Boulder zu finden, der sich von allen anderen abhebt. Um ehrlich zu sein, ich weiss nicht einmal, wie dieser Boulder aussehen sollte.

Auf jeden Fall sollte er hoch und schwer sein, überhängend, mit klaren Strukturen. Aber letztlich ist es schwer, sich diesen Boulderblock vorzustellen, und deshalb werde ich immer weitersuchen und wahrscheinlich nie damit aufhören. 

Letztes Jahr haben Jimmy Webb und sein Freund Roman diesen wirklich coolen Felsblock ganz oben im Tal gefunden. Sie haben mich eingeladen, den Boulder gemeinsam zu versuchen. Es ist eine grosse überhängende Wand mit verrückten Strukturen.

Ehrlich gesagt kommt sie dem perfekten Boulder, der mir vorschwebt, schon ziemlich nahe. Aber wie schon gesagt, ich möchte immer etwas noch Grösseres finden. 

Kim Marschner
Jimmy Webb klettert The new Abnormal. Rechts davon wird Kim Marschner später Embrace Gravity (8B+) eröffnen. Bild: Mellow Climbing
Jimmy Webb klettert The new Abnormal. Rechts davon wird Kim Marschner später Embrace Gravity (8B+) eröffnen. Bild: Mellow Climbing

Jimmy kletterte bald eine Linie auf der linken Seite des Blocks und nannte sie „The New Abnormal“. Es ist ein grossartiger 8B+/C Boulder, der aber bei kleiner Körpergrösse schwieriger ist. Mein Fokus lag eher auf dem rechten Ausstieg des Boulders, denn bei dieser Linie spielte die Körpergrösse keine wirkliche Rolle. Aber letztes Jahr konnte ich den entscheidenden Zug nicht bis zum Saisonende klettern. 

Eine neue Beta muss her

Dieses Jahr bin ich mit dem Ziel zurückgekehrt, den Boulder zu knacken. Schon am zweiten Tag in Bavona trug ich alle meine Crashpads dorthin und startete einen neuen Anlauf. Ich fand schnell heraus, dass die Züge, die ich letztes Jahr versucht hatte, nicht funktionierten. Also suchte ich nach einem anderen Weg.

Anstatt von einem kleinen leistenartigen Loch zu einer flachen Leiste zu schnappen, fand ich einen Toehook für den rechten Fuss sowie eine Möglichkeit, mit dem linken Fuss hoch anzusteigen, sodass ich diesen Zug statisch halten konnte.

Nach vielen Versuchen habe ich den Zug schliesslich zum ersten Mal geschafft. Das Spiel geht weiter! 

Kim Marschner

Beim nächsten Mal fühlte ich mich müde und konnte den Zug nicht mehr klettern. Etwas frustriert beschloss ich, zwei Ruhetage einzulegen und es mit neuer Energie zu versuchen. Mein Plan ging auf, und ich konnte den Zug wiederholen, aber ich war immer noch nicht in der Lage, den Start mit ihm zu verbinden.

Beim nächsten Mal waren die Bedingungen besser, die Haut an meinen Fingern war top und ich fühlte mich stark. Nachdem ich mich gründlich aufgewärmt hatte war ich bereit, es zu versuchen, aber ich stürzte wieder an der Schlüsselstelle.

Wenn man von unten kommt, ist es wirklich schwer, das schmale Loch auf die richtige Art und Weise zu greifen, und das macht den Zug noch anspruchsvoller.

Kim Marschner

Ein weiterer Versuch, der nächste Sturz. Nochmal – wieder nichts. Ich merkte, dass ich müde wurde und es Zeit für eine Pause war. Ich lief hinunter zum Parkplatz und wärmte mich in meinem Wagen auf. Ein kleiner Snack für etwas Energie und dann war ich bereit, es ein letztes Mal zu versuchen. 

Last Go, best Go

Ich kletterte zur Schlüsselstelle, erwischte das Loch perfekt, setzte meinen linken Fuss, platzierte den rechten Toehook und zog so fest wie ich konnte. Ich habe es gerade noch geschafft, die nächste Leiste zu erwischen, doch dann wurde mir klar, dass ich jetzt nur noch durchhalten musste.

Nach diesem Zug ist es immer noch nicht vorbei, aber ich hatte die Sequenz ziemlich gut einstudiert und wusste, dass ich es schaffen konnte.»

Wenige Sekunden später hatte ich „Embrace Gravity“, 8B+, durchstiegen – als Erstbegehung. Was für ein Gefühl!

Kim Marschner
Kim Marschner spottet Kaddi Lehmann beim Bouldern im Tessin. Bild: Alex Fuchs
Kim Marschner spottet Kaddi Lehmann beim Bouldern im Tessin. Bild: Alex Fuchs

Kletterregeln für das Tessin: 

  • Kein offenes Feuer 
  • Örtliche Zugangs- und Kletterregeln beachten 
  • Parkregeln und Parkgebühren beachten 
  • Respektiere die Natur 
  • Keine Privatgrundstücke betreten 
  • Respektvoller Umgang mit Einheimischen und anderen 
  • Griffe und Tritte nicht beschädigen 
  • Tick Marks und Chalk wegbürsten 
  • Keinen Müll hinterlassen 
  • Lokale Unternehmen unterstützen (lokal einkaufen) 
  • Hunde bitte an die Leine

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Credits: Titelbild Alex Fuchs, Text Black Diamond

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