Anhaltende Schneefälle, starke Höhenwinde und fehlende Schönwetterfenster prägen die Wintersaison an den Achttausendern. Am 23. Januar zogen David Göttler, Hervé Barmasse, Mike Arnold und Qudrat Ali am Nanga Parbat der Expedition den Stecker. Nun vermelden auch Simone Moro und sein Team am Manaslu, dass sie des Wartens müde sind. Wieviel Geduld vermag Jost Kobusch am Everest wohl noch aufzubringen?
Winterbergsteigen an höchsten Bergen der Welt ist eine Disziplin, die nicht allzu viele Alpinistinnen und Alpinisten in ihren Bann zieht. Der Italiener Simone Moro beantwortete die Frage nach dem Warum kürzlich in einem Interview mit der Zeitschrift Bergundsteigen: „Im Winter bist du im Himalaya oder Karakorum völlig allein. Da bewegst du dich in einer absoluten Wildnis und Einsamkeit, die es sonst auch dort nicht mehr gibt.“ Gleichzeitig sei das Erlebnis nah an dem, was die ersten Entdecker und Begeher erlebt haben: das Unbekannte.
Gewichtige Entscheidungen
David Göttler kommunizierte Ende Januar, dass das Team den Versuch abbrechen wird, den 8125 Meter hohen Nanga Parbat über die 4500 hohe Rupalwand zu besteigen. Dabei unterstrich der Deutsche Profialpinist die Wichtigkeit von reflektierten Entscheidungen: „Ich bin der festen Überzeugung, dass so vieles im Leben das Ergebnis der Entscheidungen ist, die wir treffen.“
Er und seine Mitstreiter Hervé Barmasse, Mike Arnold und Qudrat Ali hatten zu Beginn ihrer Expedition entscheiden, in sehr leichtem Alpinstil klettern und nicht den ganzen Winter im Basecamp warten zu wollen. Entsprechend machte ihnen der anhaltend starke Jetstream (starkes Windsystem in grossen Höhen) und das fehlende Schönwetterfenster den schweren Entscheid, vorzeitig heimzukehren, etwas leichter.
„Vielleicht ergibt sich in ein paar Wochen ein grossartiges Wetterfenster, das perfekt gewesen wäre, aber wir haben uns entschieden, nicht das Risiko einzugehen, endlos in der Kälte zu sitzen und auf diese kleine Chance zu warten.“
Ein Jahr im Basecamp
Vom Thema Warten kann Simone Moro auch ein Liedchen singen. Der Höhenbergsteiger geht seit Jahren jeden Winter für jeweils drei Monate auf Expedition, sodass er – den diesjährigen Versuch am Manaslu miteingeschlossen – bereits 50 Monate in extremer Kälte verbracht hatte. Alleine ein Jahr davon verbrachte er am Manaslu, den er diesen Winter zum vierten Mal zu besteigen versuchte.
Spontaner Lawinenabgang – gefilmt von Simone Moro
Moro ist jedoch Routinier genug, um zu wissen, wann es keinen Sinn mehr macht. „Das Problem ist, dass man nicht wirklich über Lager 1 hinausgehen kann. Man kann zwar problemlos bis zum Lager 1 aufsteigen, weil es geschützt ist, aber danach, wenn das eigentliche Klettern beginnt, ist die Lawinengefahr gross und der Wind ist ein echtes Problem.“
Den Entscheid abzubrechen, hatten er Iñaki Álvarez, Oswald Rodrigo Pereira und Álex Txikon gemeinsam gefasst: „Heute haben wir alle zusammen mit den Sherpas, den Gefährten, mit denen wir diese Erfahrung geteilt haben, der Realität ins Gesicht gesehen und beschlossen, es hier zu beenden.“
Ausharren am Mount Everest
Am höchsten Berg der Welt versucht der Deutsche Jost Kobusch derzeit eine Besteigung ohne Sauerstoff. Aber auch in dieser Region verunmöglichen Schneestürme und starke Winde einen Vorstoss in grössere Höhen, wie der Alpinist gegenüber Lacrux berichtet: „Mir gehts gut – aber es ist Warten angesagt bei Windgeschwindigkeiten bis 200 Km/h. Eigentlich schon besser, vor einer Woche gab es noch Spitzen bis zu 250 Km/h.“
Entmutigen lässt sich Jost Kobusch weder von den starken Winden noch vom fehlenden Schönwetterfenster. „Ich bin voll motiviert. Allerdings endet der Winter am 28. Februar.“ Angesicht dieses kleinen verbleibenden Zeitfensters ist für ihn klar, dass der Gipfel nicht mehr realistisch ist. Trotzdem hofft Kobusch, dass der Jetstream nach Süden abwandert. „Dies würde mir die Möglichkeit geben, noch einmal möglichst hoch aufzusteigen, viel zu lernen und was von der Route zu sehen.“
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Credits: Titelbild Simone Moro, Video Lawine am Manaslu Pasang Rinzee Sherpa, David Göttler, Jost Kobusch