Im kanadischen Klettergebiet Squamish wiederholt Didier Berthod die Trad-Linie Cobra Crack (8b+). 19 Jahre nach seinen ersten Versuchen konnte der Schweizer Rissspezialist endlich diese Riss-Linie punkten, die sein Leben auf einschneidende Art und Weise geprägt hat.
«Ich konnte (endlich) den Cobra Crack klettern. Nach so vielen Versuchen und Zweifeln aller Art, war es Gestern so weit, und dieser Tag wird für immer in meiner Geschichte verankert bleiben», so Didier Berthod. Das Riss-Testpiece Cobra Crack zu bezwingen, ist für sich alleine schon eine beeindruckende Leistung. Wenn die Linie dann aber noch so eng mit der eigenen Lebensgeschichte verknüpft ist, wie dies beim schweizer Rissspezialisten der Fall ist, ist ein Durchstieg noch viel beeindruckender und inspirierender.
Wettlauf um die Erstbegehung von Cobra Crack
Wir schreiben das Jahr 2005. Im frühen und ebenso regnerischen Sommer dieses Jahres verbrachte Didier Berthod, der zu dieser Zeit zur absoluten Weltspitze im Rissklettern zählte, einige Monate in Squamish, um den damals noch jungfräulichen Cobra Crack zu klettern.
Seinen Wettlauf mit Sonnie Trotter um die Erstbegehung von Cobra Crack begleitete ein Filmteam von Big Movie Production (siehe Video unten). Die Zeit in Squamish sei insgesamt eine coole Erfahrung gewesen, schreibt Berthod Jahre später, wäre da nicht der Regen, der immense Druck durch das Filmprojekt und die zahlreichen guten, aber halt nicht erfolgreichen Versuche gewesen.
Als 2006 eine Knieverletzung dieses Projekt des Walliser Ausnahmekletterers vorzeitig beendete, verschwand er praktisch von Heute auf Morgen von der Bildoberfläche.
Leitfigur des Risskletterns verschwindet und kehrt zurück
Für die nächsten über 12 Jahre tauschte Didier Berthod Klettergurt gegen Mönchskutte. In einer franziskanischen Bruderschaft findet er einen Rückzugsort. Obwohl sich sein Knie schon lange erholt hat, ist er nicht mehr geklettert. Die Suche nach Gott füllt jetzt seine Tage. Was er dabei fand, hat Olivier Christe in einem äusserst lesenswerten Beitrag herauszufinden versucht.
Im Herbst 2020 folgt die grosse Überraschung: Didi is Back. Innert kurzer Zeit kämpft sich Didier Berthod zu alter Form zurück und zählt erstaunlich rasch wieder zur Gilde der besten Risskletterer. 2023 gelingt ihm in Squamish die Erstbegehung von Crack of Destiny (8c).
Nur wenige Wochen später versucht er sich erneut am Cobra Crack. Und einmal mehr verpasst ihm seine Schicksalslinie einen Abrieb: Didier Berthod verlässt den Fels nach einem üblen Sturz mit einem gebrochenen Handgelenk.
Immerhin gibt der Schweizer Kletterer nach seinem erneuten Misserfolg Entwarnung, nicht erneut ins Kloster zu gehen: «Ich stimme zu, dass dies kaum zu glauben ist. Es ist so verrückt. Sogar ein bisschen zu viel. Ich werde mich nicht mehr auf mystische Interpretationen mit Begriffen wie „Engel, die mich hinunterstossen“ oder „Fluch“ oder irgendetwas anderem einlassen (und, um einige von euch zu beruhigen, werde ich nicht wieder in ein Kloster gehen).»
Zu diesem Zeitpunkt lässt Didier Berthod offen, ob er noch einmal zum Cobra Crack zurückkehren wird. Wie wir heute wissen, hat er es glücklicherweise nochmals probiert und mit seinem Durchstieg, seinem Willen und seiner Persönlichkeit für Inspiration gesorgt.
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Credits: Titelbild @pim.shaitosa