Der Vorarlberger Nemuel Feurle wiederholt in Sardinien, genauer gesagt an den hohen Wänden der Gala di Gorruppu, die wohl berühmteste und bei starken Kletterern beliebteste Mehrseillängen-Tour der Insel: Hotel Supramonte (400m, 8b).
Sieben Seillängen im Bereich 7a+ bis 7c und drei Seillängen im 8a+/8b-Bereich gilt es in Hotel Supramonte zu durchsteigen. Nemuel Feurle hatte schon seit seiner ersten Mehrseillängen-Route davon geträumt, diese ikonische Route zu versuchen. Am 4./5. Januar konnte er seinen Traum verwirklichen und die Linie von Rolando Larcher und Roberto Vigiani durchsteigen.
Ein Erfahrungsbericht von Nemuel Feurle
Nachdem unser erster Tag (am 31.12) in Hotel Supramonte ziemlich kalt und feucht war und wir es nur über die ersten vier Seillängen schafften, waren meine Erwartungen nicht sehr groß.
Wir haben mit ein wenig Sportklettern und einer schönen gemütlichen Mehrseillänge dirket am Meer und einem darauf folgenden Pausetag ins neue Jahr gestartet. Am 4.01 sind wir früh morgens bei Sonnenaufgang (7:30) gestartet, wir haben uns für den kürzeren, dafür steileren aber direkteren Zustieg entschieden und sind nach gut einer Stunde am Einstieg angekommen.
Besser als erhofft
Direkt in der ersten Seillänge spürte ich, dass der Fels weder feucht noch kalt war. Wir sind also ziemlich motiviert über die ersten zwei Seillängen geklettert und bei der ersten Schlüssellänge angekommen. Ohne viel Erwartungen, jedoch mit dem Hintergrund, dass ich die ersten drei Tage des neuen Jahres damit verbracht habe, genau die ersten Meter dieser Schlüssellänge zu visualisieren, habe ich einen Versuch gewagt.
Nachdem ich erfolgreich über die Schlüsselstelle klettern konnte, brauchte es nur noch einen mega Fight und einige Minuten später klippte ich den Stand – leicht perplex, verwirrt und zugleich erfreut, dass ich es geschafft habe. Jedoch konnte ich mir noch nicht vorstellen, was ich und vor allem meine Seilpartnerin Lea Kempf würde einstecken müssen, um alle Längen zu punkten.
Es folgte Seillänge vier: eine weitere schwere, steile Länge, welche wir schon kannten. Ohne zögern wagte ich einen Versuch, nach einem wirklichen Fight und einem riskanten Schnapper auf den Top Henkel konnte ich auch diese Länge auf Anhieb durchsteigen.
Härter als erwartet
Die fünfte und letzte Schlüsselseillänge war Neuland, jedoch zum Glück eher eine kurze Seillänge, in welcher sich die Schwierigkeit über drei Expressschlingen erstreckt.
Nachdem ich eine Lösung ausgebouldert hatte, folgten zwei erfolglose Versuche. Ich entschied mich für eine neue Beta – hoher rechter Fuß – damit ich das Knie an einen Sloper pressen konnte, was den weiten Zug in ein Loch stabiler und sicherer machte.
Erst beim fünften Versuch schaffte ich es zwar über den Schlüsselzug, jedoch konnte ich die nächsten Züge nicht durchklettern. Ich flog. Ich hing. Nicht schon wieder, dachte ich. Beim 6. Versuch wurde mir bewusst, dass sich eine Tagesbegehung zeitlich nicht mehr ausgehen wird, auch wenn dies nie die Absicht war, schon gar nicht an diesem Tag.
Somit tat ich, was mich eventuell zu einem guten, strategischen Kletterer macht. Ich analysierte, visualisierte und kletterte anschließend auch die fünfte Länge.
Check-in im Hotel Supramonte
Es war nun halb 4 Uhr. Wir hatten noch 2h Sonnenlicht und 6 unbekannte Seillängen, welche uns vom Top der Hotel Supramonte trennten. Wir erreichten kurz vor fünf das Grand Hotel Supramonte und machten die durchaus schlaue Entscheidung, unseren Tag mit einem kleinen Hummusbrot, sitzend/liegend auf unseren Kletterseilen und eingewickelt in eine Not-Rettungsdecke, zu beenden.
Zum Frühstück gab es für jeden ein halbes Hummusbrot, denn wir waren knapp an Essen, da wir nicht erwartet hatten, eine Nacht in dieser Wand zu verbringen.
Traum wird Realität
Übermüdet, unterzuckert, aber dennoch mit einem ziemlich großen Smile, sind wir am 05.01 die letzten Seillängen der Hotel Supramonte ausgestiegen.
Umso größer ist die eigene Freude und Erinnerung and diese unglaubliche Route! Danke Lea, fürs sichern, durchhalten und motivieren!
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Credits: Titelbild und Artikelbilder Nemuel Feurle und Lea Kempf