Patagonien bietet neben eindrucksvoller Wildnis noch viele unerschlossene Felswände. Im argentinischen Norden der Region hat ein rein weibliches Expeditionsteam jetzt die Mehrseillängenroute Apollo 13 (600m, 7b+) an der bisher ungekletterten Wand El Cohete befreit.
Mit seiner beeindruckenden Landschaft und ikonischen Bergen wie dem Cerro Torre und Cerro Chalten zählt Patagonien zu den lebenslangen Reisezielen von vielen Kletterinnen und Kletterern. Gleichzeitig liegen noch viele Schätze der Region im Verborgenen – eine Expedition aus internationalen Kletterinnen hat sich aufgemacht, um sie zu entdecken.
Uns alle treibt eine tiefe Liebe und Motivation zum Klettern und Erkunden neuer Orte an.
Das Expeditionsteam rund um Caroline North
5 Frauen 5 Wochen fernab jeder Zivilisation
Das Expeditionsteam umfasst fünf erfahrene Kletterinnen aus verschiedenen Ländern, die Erfahrungen aus unterschliedlichen Bereichen des Sports zusammenbringen. Belen Prados, Caroline North, Fay Manners, Rocio Rodriguez Guiñazu und Julia Cassou haben im Januar und Februar fünf Wochen in der Abgeschiedenheit des Valle del Turbio IV in Nordpatagonien verbracht.
Inspiriert von den Geschichten von visionären Erstbegehungen aus den 80er Jahren startete das Team die Expedition ins Tal – erreichbar nur per Pferd und zweitägigem Fußmarsch inklusive der gesamten Ausrüstung. Als Ausgangspunkt für den Zugang zum Turbio IV-Tal diente eine Hütte etwas höher gelegen und tief im argentinischen Regenwald.
Neue Mehrseillängenroute an unbestiegender Wand
Neben dem Erkunden der Landschaft und Felsen hatte das Expeditionsteam von Beginn an das Ziel, der Nachwelt eine neue einladende Route zu hinterlassen. Die Entscheidung fiel auf die bis dahin gänzlich unbekletterte Wand namens El Cohete (die Rakete).
Bei der Erstbegehung war es unser Ziel eine Route zu hinterlassen, die gerne wiederholt wird und dementsprechend motivierend und sicher ist.
Das Einrichten der Route gestaltete sich dabei deutlich schwieriger als gedacht – vor allem wegen der immer wieder auftretenden starken Regenfälle im Tal. Schon bei der Erschließung der ersten Seillängen war das Team gezwungen, im Starkregen zur Hütte zurückzukehren. Auch die Versorgung mit Vorräten – ebenfalls nur möglich per Pferd – erforderte besondere Planung durch das fünfköpfige Expeditionsteam.
Mehr als ein Monat harte Arbeit, Logistik und Entscheidungen haben sich ausgezahlt und am Ende haben wir Apollo 13 erstbegangen.
Caroline North
Nach fünf Wochen Arbeit befreiten Prados, North, Manners, Guiñazu und Cassou schließlich die Linie, die sie in Anlehnung an den Namen der Wand Apollo 13 tauften. Das Ergebnis: 13 Seillängen à 50 Meter mit abwechslungsreicher und konsistenter Freikletterei bis zum Grad 7b+. Um die Auswirkungen auf die Natur zu minimieren, brachte das Team nur dort Bohrhaken an wo unbedingt nötig.
Granitqualität, die Yosemite um nichts nachsteht
Die Kletterinnen rund um Schweizerin Caroline North zeigten sich besonders überrascht von der hohen Felsqualität im Valle del Turbio IV: „Die Qualität des Granit in jeder einzelnen Seillänge und auch die Vielfalt der Verschneidungen, Risse und Platten, ist unglaublich gut.“
Caroline North war zuletzt selbst viel in Yosemite unterwegs und hatte vergangenen November dort die berühmte Bigwall-Route Freerider mit Amelie Kühne freigeklettert. Für sie steht Apollo 13 der Qualität von Yosemite-Granit um nichts nach – und stellvertretend für das enorme unentdeckte Potenzial Patagoniens.
Die Granitqualität von Apollo 13 steht Yosemite um nichts nach – nur dass es ein Abenteuer war, dort hinzugelangen.
Caroline North
Die Frauenexpedition in Bildern
Die französische Fotografin Julia Cassou dokumentierte als Teil des Expeditionsteams die Anstrengungen der fünf Frauen in Nordpatagonien in einer eindrücklichen Bilderserie.
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Credits Titelbild: Julia Cassou