Schon wieder: Schweizer Gletscher schmelzen rapide | 2023

Die Schweizer Gletscher schmelzen immer schneller. Sie haben den für ihre Existenz zweitschlechtesten Sommer seit Messbeginn erlebt. In den vergangenen zwei Jahren verschwanden in den Schweizer Alpen 10 Prozent des Eisvolumens. In Zukunft wird sich die Schmelze sogar noch beschleunigen.

Ein weiteres Jahr der Extreme zehrt an den Gletschern. So sind in den letzten 12 Monaten in den Schweizer Alpen rund 4 Prozent des Eisvolumens abgeschmolzen. Am stärksten war die Schmelze in den südlichen Walliser Alpen und in den Ostalpen.

Massiver Gletscherabbruch des Turtmanngletschers (2020)

Dr. David Volken, Meteorologe und Klimaexperte: „Die Gletscherschmelze nimmt insgesamt immer weiter zu, aber die Beschleunigung der Schmelze in den Alpen ist enorm. Wenn die Schmelze in diesem Ausmaß weitergeht, dann sind die Gletscher weg, bevor wir Stauseen gebaut haben. Der Verlust von Süßwasser, das sonst im Eis der Gletscher gespeichert ist, wäre somit unaufhaltsam.  

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Die Gletscherschmelze nimmt insgesamt immer weiter zu, aber die Beschleunigung der Schmelze in den Alpen ist enorm.

Dr. David Volken, Meteorologe und Klimaexperte

Beim Allalingletscher oberhalb von Saas-Fee im Wallis war die Gletscherschmelze fast so gravierend wie im Rekordjahr 2022. Selbst auf einer Höhe von 3200 Metern nahm das Gletschereis in der Dicke um 3,5 Meter ab. Auf dieser Höhe sollte eigentlich im September noch Schnee vom letzten Winter liegen.“ 

Bis zu 3 Meter Eisdickenverlust am Griesgletscher

Der Allalingletscher steht mit diesen großen Verlusten aber nicht alleine da. Auch beim Griesgletscher im Nufenengebiet, am Ghiacciaio del Basodino im hinteren Maggiatal und am Vadret Pers im Engadin maßen die Forschenden der ETH Zürich mittlere Verluste der Eisdicke von bis zu 3 Metern. Der Griesgletscher war bereits im Juli komplett schneefrei und somit schutzlos der Sonne ausgesetzt. 

Etwas weniger dramatisch ist die Situation zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis, da dort im Winter etwas mehr Schnee lag. Dennoch ist der Verlust mit über 2 Metern an mittlerer Eisdicke am Großen Aletschgletscher und am Glacier de la Plaine Morte oberhalb von Montana sehr hoch.

Beim Rhonegletscher hat sich in den vergangenen Jahren ein großer Gletschersee gebildet, wo einst meterdickes Eis war. Quelle: Dr. David Volken, WetterOnline
Beim Rhonegletscher hat sich in den vergangenen Jahren ein großer Gletschersee gebildet, wo einst meterdickes Eis war. (Bild: Dr. David Volken, Wetter Online)

Ursachen der Gletscherschmelze 

Für den erneut starken Rückgang der Schweizer Gletscher gibt es mehrere Ursachen. Zum einen fielen im vergangenen Winter stark unterdurchschnittliche Schneemengen. Der sehr warme Juni ließ den Schnee auf den Gletscher sehr rasch schmelzen. Die Hitzewellen Ende August und Anfang September mit einer Nullgradgrenze von teils über 5000 Metern führten zu sehr hohen Schmelzraten. 

Zudem werden die Gletscheroberflächen von Jahr zu Jahr immer schmutziger. Die dunklere Oberfläche reflektiert die einfallende Sonnenstrahlung schlechter. Somit steht mehr Energie für die Eisschmelze zur Verfügung. 

Da gemäß den Klimamodellen die Sommer immer wärmer werden und die Schneefallgrenze immer weiter ansteigt, beschleunigt sich die Gletscherschmelze in den kommenden Jahren immer mehr. Bis Mitte des Jahrhunderts werden viele Gletscher ganz verschwinden und selbst große Eisströme wie der Rhone- oder Morteratschgletscher werden kaum wiederzuerkennen sein.

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Credits: Titelbild Dr. David Volken / Wetter Online

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