Heiko Queitsch, Kletterer aus dem Frankenjura, hat zahlreiche Routen eingebohrt und erstbegangen und zuletzt eine ganze Reihe seiner noch offenen Projekte freigegeben. Um welche Projekte es geht, was dahinter steht und was potentielle Erstbegeher*innen erwartet, erzählt Heiko im Interview.
Heiko, stell Dich doch einmal kurz vor, seit wann bist Du am Klettern, wie viele Erstbegehungen gehen auf Dein Konto?
Ich bin Heiko, ein Vollblut-Kletterer aus der Fränkischen Schweiz. Meine Leidenschaft habe ich zum Beruf gemacht: Ich bin Kletterlehrer mit meiner Frischluft Kletterschule, zudem Lehrteamsmitglied im DAV und dem VDBS bei der Kletterlehrer Ausbildung. Das bedeutet, dass ich 7 Tage die Woche am Fels bin – entweder beim Kurs geben oder am selbst klettern und Routen erschließen.
Ich bin Erstbegeher von knapp unter 500 Routen und gut 2500 Bouldern im Frankenjura.
Heiko Queitsch
Die ersten Kletterversuche habe ich im zarten Alter von 12 Jahren im Jahr 1993 unternommen. Seitdem bin ich immer auf der Suche nach neuen Linien und Gebieten! Ich bin Erstbegeher von knapp unter 500 Routen (Ziel ist es, diese noch voll zu bekommen) und gut 2500 Bouldern im Frankenjura. Dann sind da noch einige in Europa, davon viele Bouldererstbegehungen im Schweizer Tessin (rund 400 schätze ich). Zudem bin ich leidenschaftlicher Tradkletterer! Dabei konnte ich einige sehr coole Cleanerstbegehungen machen und gemeinsam mit Freunden den «Grünpunkt» einführen.
Mein absolutes Highlight war meine bisher schwerste und schönste Erstbegehung im Frankenjura, die Route «The Sound of Silence» – ein perfekt überhängender Bug in ausgezeichneter Felsqualität (Schwierigkeitsgrad 8c/11-).
Tipp der Redaktion: Erfahre mehr über die Begehung von The Sound of Silence in diesem Kurzfilm
Warum hast Du Dich jetzt dazu entschlossen, einige Deiner Kletterprojekte freizugeben?
Ich habe auch schon in den letzten 25 Jahren immer mal wieder einige Projekte an Freunde und Kletterer abgegeben. Ich habe das Gefühl, dass ich ihnen damit auch immer eine Freude mache.
Der Hauptgrund für das Freigeben einiger Projekte ist, dass ich mir vor drei Monaten eine schwere Verletzung an der rechten Hand zugezogen habe. Genauer gesagt habe ich mir die Beugersehne am Mittelfinger an einem 1-Fingerlochzug beim Bouldern abgerissen… Aufgrund dessen wird es wohl eine Weile dauern, bis ich wieder richtig zupacken kann. Ich habe jedoch nicht alle Projekte frei gegeben – diejenigen, die mir besonders wichtig sind und mir am Herzen liegen, möchte ich schon auch noch einmal selbst erstbegehen dürfen!
Der Hauptgrund für das Freigeben einiger Projekte ist, dass ich mir vor drei Monaten eine schwere Verletzung an der rechten Hand zugezogen habe.
Heiko Queitsch
Die Projekte, die ich jetzt frei gegeben habe, habe ich teils schon vor längerer Zeit eingebohrt. Teilweise habe ich sie ausprobiert, teilweise aber auch nicht – es gibt leider immer so viel zu tun neben der Arbeit! Ein paar davon sind aber auch einfach zu schwer für mich, deswegen sollen sich gerne andere darüber freuen und sich daran versuchen.
Wir haben sicher auch Leser*innen, die vielleicht mit den Begriffen und Gepflogenheiten beim Projektieren einer Route nicht vertraut sind. Kannst Du für diese kurz umreißen, was es mit Kletterprojekten und deren Freigabe auf sich hat?
Bei uns im Frankenjura ist es grundsätzlich so, dass wir geschlossene Projekte haben. Bei offenen Projekten darf jeder sein Glück versuchen. Ein geschlossenes Projekt im Klettern bedeutet, dass derjenige, der die Route entdeckt und eingerichtet hat, das Vorrecht hat, sie auch als Erster zu klettern. Das ist eine Sache, die ich erstmal gut finde, weil jeder so die Möglichkeit hat, seine Kreation auszuprobieren und schließlich erstbegehen zu dürfen.
Dabei spielt der Schwierigkeitsgrad keine Rolle – sonst könnten ja die stärkeren Kletterer immer davon profitieren, dass andere die Arbeit machen und sie den «Ruhm» ernten. Mal ehrlich: eine Erstbegehung kostet Geld, Arbeit und Schweiß. Ich finde, das sollte auch belohnt werden – egal ob 9a oder 6a…
Mal ehrlich: eine Erstbegehung kostet Geld, Arbeit und Schweiß
Heiko Queitsch
Was ich persönlich nicht gut finde, ist wenn Projekte vergammeln und nicht angegangen werden. Dann macht es meines Erachtens nach mehr Sinn, diese freizugeben. Wenn andererseits jemand über Jahre an einem Projekt arbeitet, es probiert und knapp nicht schafft, sollte man das auch respektieren! Denn oft hängt da eben auch ganz viel Herz mit drin und das will ich keinem wegnehmen. Egal wie schwer so ein Projekt ist. So zumindest meine persönliche Meinung!
Was ich persönlich nicht gut finde, ist wenn Projekte vergammeln und nicht angegangen werden.
Heiko Queitsch
In welchem Schwierigkeitsgrad liegen die erwähnten Kletterrouten?
Die Projekte, die ich jetzt frei gegeben habe, werden im Bereich soft 8b bis 9a/9b liegen.
Wo sind die wichtigsten/spannendsten Routen und wie heißen sie?
Ich halte nicht viel davon, Namen im Vorfeld zu vergeben. Jeder Erstbegeher möchte und soll auch die Möglichkeit bekommen, seine persönliche Geschichte mit in den Namen zu bringen.
Hier die Projekte im Detail:
• Schlupflochfels:
Start bei «Cave Session», durch das 50-Grad-Schild und dann «Fährtenleser» raus. Ich schätze die Schwierigkeit auf etwa 10+/8b+.
• Boys Tempel:
Super schwerer Einstieg gefolgt von coolen Lochzügen, vermutlich 11-/8c.
• Luxer:
Projekt 1 – da schätze ich etwa im 10. Grad; der Start vom Block könnte etwas leichter werden, vielleicht 10-/10?.
• Wachbergfels:
Start bei «Wixfrosch», dann nach rechts weg. Ursprünglich von Bernhard Thum an mich abgetreten.
Das wird wahrscheinlich auch etwas im 10. Grad.
• Terra Australis:
Projekt Nr. 45 und 46 im Schwertner-Führer (11. Auflage).
Da waren schon einige namhafte Kletterer drin, die es als schwer, aber möglich eingestuft haben – anzusiedeln wohl im oberen 11. Grad.9a+/9b?
(Ein Kumpel meinte damals übrigens: «Ein 10er wird das maximal.» … )
Heiko, vielen Dank für deine Zeit und Gedanken! Und gute Besserung natürlich!
Wer mehr über Heiko und seine Kletterschule erfahren möchte, findet alle Infos unter Frischluft Kletterschule.
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Titelbild: Heiko Queitsch in Magnet, 7c; Foto: Frank Kretschmann