Was Kilian Jornet derzeit an den 4000ern zeigt, ist übermenschlich

Seit knapp zwei Wochen jagt Kilian Jornet durch die Alpen und sammelt 4000er im Rekordtempo. Im Rahmen seines Projektes mit dem eher nüchternen Titel Alpine Connections will der weltbekannte Ultraläufer und Alpinist nur aus eigener Kraft so viele Gipfel wie möglich besteigen.

Kilian Jornet hat als Skibergsteiger und Bergläufer so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Seine Projekte haben Dimensionen, die oft nur schwer zu fassen sind. 2023 durchlief er in acht Tagen die Pyrenäen, bestieg 177 Gipfel der Gebirgskette zwischen Spanien und Frankreich und legte dabei 485 Kilometer und über 43000 Höhenmeter zurück. Mit seinem jüngsten Projekt in den Alpen skaliert er seine Challenge in neue Dimensionen.

Alpine Connections: Next Level Herausforderung

Die Idee des aktuellen Projektes von Kilian Jornet ist kurz und knapp zusammengefasst: Nur aus eigener Kraft so viele 4000er wie möglich aneinanderzureihen und dabei die physischen, technischen und mentalen Grenzen zu erkunden.

Auch wenn beim Projekt Alpine Connections nie von einem Rekordversuch die Rede ist, so ist der Spitzenläufer drauf und dran, sämtliche Rekorde zu pulverisieren. Am Tag 10 hat er bereits 51 Viertausender bestiegen, 50479 Höhenmeter bewältigt und 780 Kilometer zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurückgelegt. Und dies bei einer durchschnittlichen Schlafdauer von vier Stunden und 22 Minuten.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, in welchen Dimensionen sich Kilian Jornet gerade bewegt, lohnt es sich, ähnliche Projekte mit dem Ansatz «aus eigener Kraft» als Vergleich herbeizuziehen:

  • Ueli Steck bestieg 2015 mit verschiedenen Partnern in 62 Tagen alle 82 Viertausender der Alpen.
  • Gabriel Jungo stand 2023 innerhalb von 44 Tagen auf allen 48 Viertausendern auf Schweizer Boden.
  • Peter von Känel und Chrigel Maurer benötigten 2024 im Rahmen ihres XPeaks-Projektes 51 Tage für die Besteigung aller 82 Viertausender.
  • Andy Steindl realisierte ebenfalls 2024 die Spaghetti Tour mit ihren 18 Viertausender-Gipfeln in 7 Stunden und 45 Minuten.

Grenzerfahrung von Ost nach West

Kilian Jornet startete sein Abenteuer am 15. August im Engadin mit dem Piz Bernina. Die Besteigung des östlichsten Viertausenders inklusive 200-Kilometer Radtour ins Berner Oberland kostete ihn 15 Stunden und 38 Minuten.

Der zweite Tag startete aufgrund des schlechten Wetters etwas später als geplant. Trotzdem konnte der spanische Ultraläufer innerhalb von gut 17 Stunden mit Lauteraarhorn, Schreckhorn und Finsteraarhorn die höchsten Gipfel der Berner Alpen abhaken.

Am dritten Tag folgten sechs weitere Berner Viertausender und mit ihnen 99 Kilometer Distanz und 7890 Höhenmeter, die Jornet in einem durchgehenden Push von 32 Stunden und 30 Minuten bewältigte. Nach einem 15 Minuten Nap folgte der 40-Kilometer Bike-Transfer ins östliche Wallis.

Dort standen am Tag 4 Lagginhorn und Weissmies auf dem Programm. Ein für Jornet-Verhältnisse gemässigter 8 Stunden-Einsatz über 30 Kilometer und 3381 Höhenmeter. Auch Tag 5 war mit 8 Stunden und 40 Minuten Aktivität «relativ» kurz. In dieser Zeit sammelte Jornet mit Dürrenhorn, Hohberghorn, Stecknadelhorn und Nadelhorn vier weitere Gipfel.

Am Tag 6 Standen die drei Gipfel der Mischabel-Gruppe sowie die 4000er Alphubel, Allalinhorn, Rimpfischhorn und Strahlhorn auf dem Programm. Intensive 48 Kilometer, mehr als 6000 Höhenmeter und ein 21-Stunden-Push.

Am Tag 7 erweiterte Jornet seine Sammlung mit der berühmt-berüchtigten Spaghetti Tour um 18 weitere Gipfel. Zwar konnte Jornet nicht an den jüngsten Rekord von Andy Steindl anknüpfen. Aber angesichts der Tatsache, dass er schon sieben Tage nonstop unterwegs war, wirkt seine Zeit von 17 Stunden und 45 Minuten fast schon übermenschlich.

Tags darauf bestieg Kilian Jornet das Zermatter Wahrzeichen Matterhorn sowie Dent d’Hérens und Dent Blanche in etwas über 18 Stunden. Quasi als Krönung seines Kurzaufenthalts in der Schweiz standen nach zwei Stunden Schlaf Ober Gabelhorn, Zinalrothorn, Weisshorn und Bishorn auf dem Programm. Wiederum war Jornet 18 Stunden und 31 Minuten nonstop unterwegs.

Nach einer 110 Kilometer Biketour von Zinal nach Bourg Saint-Pierre sammelte er mit Combin de Valsorey, Grand Combin und Combin de la Tsessette die letzten Gipfel der westlichen Walliser Alpen und damit die Viertausender Nr. 49, 50 und 51.

Stresstest der Superlative

Nicht nur Abertausende von Sportbegeisterten auf der ganzen Welt verfolgen Kilian Jornet’s jüngstes Mega-Projekt mit. Auch für die Sportwissenschaft dürften die Daten, die der Ultraläufer und sein Team unterwegs kontinuierlich erfassen, von grossem Interesse sein.

Gemeinsam mit Dr. Jesús Álvarez, der ihn schon bei früheren Projekten begleitete, will Jornet die Auswirkungen der metabolischen Belastung messen und mit der wissenschaftlichen Community teilen. «Die Anforderungen an Kilian werden so extrem sein, dass wir die physiologischen oder sogar genetischen Veränderungen, die auftreten können, nicht vorhersagen können», sagte Álvarez gegenüber Craig Randall von GearJunkie.com.

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Credits: Titelbild Kilian Jornet

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