Das vermutlich stärkste Kletterpaar der Welt hat wieder einmal zugeschlagen: Im Rätikon gelingt Jacopo Larcher und Babsi Zangerl die Rotpunktbegehung von Alex Luger’s Testpiece The Gift (8c, 350m). Jacopo sicherte sich mit seinem Durchstieg am 12. August die erste Wiederholung, Babsi drei Tage darauf die erste Frauenbegehung der schwierigen Mehrseillängenroute.
The Gift zählt mit Schwierigkeiten bis 8c und der limitierten traditionellen Absicherung im unteren Teil zu den schwierigsten alpinen Mehrseillängenrouten im Rätikon. 2014 vom österreichischen Spitzenathleten Alex Luger erstbegangen und 2016 in einem Tag frei geklettert, blieb die Linie jahrelang unwiederholt.
2021 hatten sich Babsi Zangerl und Jacopo Larcher erstmals die schwierige Schlüsselseillänge angeschaut. Diesen Sommer wollten sie Nägel mit Köpfen machen. Nach insgesamt 6 Tagen in der Wand konnten beide alle sieben Seillängen von The Gift sturzfrei vorsteigen.
The Gift: Eine 5-Sterne-Linie
The Gift beginnt mit traditioneller alpiner Kletterei. Die klettertechnischen Schwierigkeiten erreichen auf den letzten Seillängen ihren Höhepunkt. Die Schlüsselseillänge ist 8c, darauf folgt eine 8a+ Länge mit einem kniffligen Boulderproblem. Diese beiden Seillängen sind die härtesten der ganzen Route.
«An unserem ersten Tag in diesem Sommer kletterten wir bis zur Crux-Seillänge, die aufgrund der begrenzten Absicherung im unteren Teil der Route nervenaufreibend war», erzählt Babsi Zangerl.
The Gift, so resümiert die starke Österreicherin, sei eine 5-Sterne-Linie, die Kraft-Ausdauer-Kletterei mit harten, boulderigen Sequenzen biete. Genau nach ihrem Geschmack. «Wir haben den Rest des Tages gebraucht, um die verschiedenen Betas zu finden und alle Griffe zu putzen, die nach dem Winter sehr schmutzig und rutschig sind, da der graue Streifen oft nass ist.»
Zwei erfolgreiche Rotpunktbegehungen
Nach einigen weiteren Tagen des Projektierens gelang Jacopo Larcher am 12. August die erfolgreiche Rotpunktbegehung von The Gift und damit die erste Wiederholung der Linie überhaupt. Nur drei Tage später schaffte auch Babsi Zangerl den sturzfreien Durchstieg aller Seillängen. Damit erweiterte sie ihren beeindruckenden Palmarès um einen weiteren First Female Ascent.
Ihre Begehung von The Gift beschreibt die starke Vorarlbergerin wie folgt: «Ich hatte eine andere Lösung für die Crux im Vergleich zu Jacopo und definitiv mehr Probleme mit einem langen, weitreichenden
Zug. Ich brauchte einen zusätzlichen Tag in der Hoffnung, eine einfachere Lösung zu finden. Schliesslich fand ich eine kleine Anpassung, die ein wenig dazu beitrug, die Crux etwas weniger riskant zu machen.
Nach einem Ruhetag beschloss ich, obwohl ich mich immer noch müde fühlte, es zu versuchen. Wir starteten am Morgen, aber wir warteten darauf, dass die Sonne nachliess, bevor ich um 13 Uhr mit dem Klettern begann.
Ich fühlte mich nervös, als ich die Schlüsselstelle erreichte, aber irgendwie schaffte ich es, etwas Kraft für die low percentage Crux zu sparen und erreichte den letzten Griff mit einem maximalen Pump. Als ich den Umlenker klippte, fiel der ganze Druck von meinen Schultern.
Ich war einfach nur froh, dass ich noch viel Zeit hatte und für die letzten beiden Seillängen keine Eile. Alles klappte und wir standen beide oben in der Wand, was eine fantastische Erfahrung war, um ein weiteres grossartiges Projekt abzuschliessen.»
The Gift: Ein sauschweres Geschenk
Die herausfordernde Alpin-Route The Gift hat ihren Namen aus einer noblen Geste heraus erhalten: Ursprünglich arbeitete Pio Jutz – einer der damals aktivsten Erschliesser von Highend-Routen im Rätikon – daran, die Linie zu eröffnen. Als er realisierte, dass die Route zu schwierig war, um sie selber vollenden zu können, schenkte er die Linie Alex Luger, welcher The Gift im Juli 2014 erstbegehen und zwei Jahre später an einem Tag Rotpunkt klettern konnte.
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Credits: Bilder Noah Insam, Sebastian Ganahl und Rene Fischer