Philipp Geisler klettert Alpin-Klassiker «Weg durch den Fisch» onsight

Dem Österreicher Philipp Geisler gelang Anfang Monat eine Onsight-Begehung der berühmten Dolomiten-Route «Weg durch den Fisch» (8+/9-, 37SL) an der Marmolada Südwand. Im Interview spricht er über die Begehung des Alpin-Klassikers.

Die Route Weg durch den Fisch an der Marmolada Südwand in den Dolomiten gehört mit ihren 37 Seillängen zu den bekanntesten und anspruchsvollsten alpinen Touren Europas. Die Route wurde 1981 von den beiden Slowaken Igor Koller und Indrich Sustr in technischer Kletterei ohne Einsatz von Bohrhaken erstbegangen.

Die erste Rotpunktbegehung gelang Heinz Mariacher und Bruno Pederiva sieben Jahre später, im Jahr 1990 kam es zur ersten Onsight-Begehung durch Daniele De Candido, gefolgt von den Südtirolern Roland Mittersteiner und Hanspeter Eisendle sowie Christoph Hainz im Jahr 1992.

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Im Jahr 2007 gelang dem damals erst 23-jährigen Hansjörg Auer eine Free-Solo-Begehung, bei der er die Route in lediglich 2 Stunden und 55 Minuten kletterte. Normale Seilschaften benötigen zwei Tage für die Tour.


Philipp Geisler im Interview über die Onsight-Begehung vom Fisch

Wann genau hast du den Fisch geklettert?

Wir sind am 2. Juli 2022 in der Früh in die Route eingestiegen und am 3. Juli 2022 mittags direkt hinter der Seilbahnstation auf der Marmolda ausgestiegen.

Hast du sämtliche Längen im Vorstieg geklettert oder „nur“ die schwierigsten Längen?

Konkret haben wir die Route grundsätzlich in Wechselführung gemacht, wobei ich die nominell schwierigsten Längen vorgestiegen bin. So zum Beispiel die „seichte Verschneidung“ kurz vor dem Fisch (7b) – Julian konnte die Route leider nicht rotpunkt begehen. Ich selbst habe alle meine Vorstiegslängen onsight geklettert und bin die übrigen Längen im Nachstieg sturzfrei geklettert.

Was war die Crux?

Die Crux war für mich auf jeden Fall die dritte Länge vor dem Band beziehungsweise die dritte Länge nach dem Fisch. Ich glaub dass man da eigentlich abklettert und dann weit nach links traversiert, um in einen Riss zu kommen. Natürlich hab ich dass nicht gemacht sondern bin einfach schräg von der letzten Sicherung – ein reudiger Schlaghaken und eine verbleichte Reepschnur an einer Sanduhr – nach links durch die Platte geklettert. Auf sehr, sehr schlechten seichten Tritten konnte ich mich durch Mono-Gezerre an den kleinen Fingerlöchern irgendwie ausbalancieren und mich so einige Meter von der letzten Sicherung entfernt in den Riss retten, der sich zum Glück sehr gut mit Friends absichern lässt. Angefühlt hat sich das wie Züge in einer 7c. Vermutlich wird das Ganze aber wirklich entschärft, wenn man nur das Topo liest und eben abklettert und traversiert. Sie sind halt nicht sehr übersichtlich, diese ultra-kompakten Platten.

Was war der Schlüssel zum Erfolg?

Uns hat die ganze Vorbereitung sicher mega geholfen. Ich glaub wenn man einige Touren macht, die ähnliche Kletterei bieten, dann kann man sich schon halbwegs auf den Stil vom Fisch einstellen. Bei solchen Touren denke ich ist es immer wichtig eine/n Seilpartner/in zu haben, dem/der man vertrauen kann und mit dem/der man sich gut versteht. Wenn man sich 37 Seillängen lang bei anstrengender Kletterei und Hängeständen auf die Nerven geht, dann geht man mit der Person wahrscheinlich nicht mehr klettern. Wenn man eben gut eingespielt ist, dann tut man sich leichter und das Ganze geht etwas weniger auf die Psyche als das eh schon der Fall ist. Und: Ein grosser Pluspunkt war natürlich das Schoko-Croissant im Biwak zum Frühstück, dass wir extra mitgehault haben und die kuschelige Nacht.

Gab es unerwartete Ereignisse?

Ich fands relativ witzig, die vielen Seilschaften in der Route „Don Quixote“ zu beobachten, die sich dort zu viert das Biwak teilten. Da hatten wir es schon gemütlicher. Und dann war da noch der Ausstieg. Man kommt direkt hinter der Bergstation der Marmolada-Seilbahn raus. Als wir am Grat auftauchten war da gerade eine Touristengruppe auf der Aussichtsplattform, bei der sich fast schon Aufregung breit machte, als sie uns bei Sendemasten sahen. Hoffentlich haben dann in der Gondel nicht zu sehr gestunken nach zwei Tagen in der Wand.

Wann kehrst du zurück und kletterst die Tour free solo? 🙂

Ich bin ab dem 30. August wieder in Europa und werde dann erst mal ganz gemütlich eine Pause einlegen Projekte gibt es ja wie Sand am Meer. Aktuell sieht es so aus, als würde ich im Spätsommer/Herbst ins Rätikon fahren und Silbergeier oder Unendliche Geschichte anschauen. Aber zurück zu deiner Frage: Den Fisch free solo zu machen, kann ich mir absolut nicht vorstellen. Nach nur einem Mal auschecken einfach in die Route einzusteigen und auf sein eigenes Können zu vertrauen zeigt für mich, was für eine Art Kletterer Hansjörg Auer war. Leider hatte ich nie Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen. Es wäre sicherlich spannend gewesen, mit ihm über den Fisch zu reden. Vollkommen zu recht steht am Einstieg der Route eine kleine Tafel mit seinem Namen darauf – die Route wird sicher für immer mit ihm verbunden sein.


Über Philipp Geisler

Nach einer relativ erfolglosen Wettkampf-Karriere ist Geisler ziemlich schnell ins Alpinklettern abgedriftet, wobei ihn anspruchsvolle Mehrseillängen-Touren am meisten faszinieren. Das liegt vermutlich daran dass er den „Wilden Kaiser“ seine Home-Area nennen darf und so von klein auf Berührungspunkte hatte. Wichtige Routen in seinem bisherigen Werdegang sind die „Mythomania“ und „Pumprisse“ im Wilden Kaiser (beide onsight) sowie die „Moderne Zeiten“ (onsight) und viele andere Touren in den Dolomiten.
Letztes Jahr konnte der junge Österreicher mit „Parzival“ im Alpstein seine bis dato schwierigste Mehrseillängenroute verbuchen. Geisler lebt in Innsbruck und arbeitet Teilzeit als Software-Entwickler.


Hansjörg Auer bei der Free-Solo-Begehung von Weg durch den Fisch

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Credits: Bildmaterial zVg

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