Warum das Fingerbrett für Alex Honnolds Solo-Begehung wichtig war

Black Diamond-Athlet Alex Honnold berichtet über seinen Trainingsablauf und warum das Hangboarden für seine Solobegehung des El Cap so wichtig war.

Ein Artikel von Chris Parker

Stell dir vor, du hast gerade die dreisteste und irrste Free-Solo-Begehung in der Geschichte des Kletterns hingelegt und den 900 Meter hohen El Cap ohne Seil bezwungen. Und nun tobt der Medienrummel. Du kannst dich vor Interviewanfragen von namhaften Magazinen wie NPR, Nat Geo und der News York Times zwar kaum retten. Trotzdem: Für eine Stunde an diesem Nachmittag hast du etwas Wichtigeres zu erledigen und wirst nicht zur Verfügung stehen. Nein, du triffst dich nicht mit dem Präsidenten der USA und du hast auch keinen Filmtermin. Du hast ein Date mit deinem Hangboard. Alex Honnold - Training Hangboard Bild zVg Black Diamond

Ob du es glaubst oder nicht, so hat Black Diamond-Athlet Alex Honnold seine seilfreie Begehung der legendären Route Freerider am El Cap gefeiert (LACRUX berichtete). An einem späteren Interview mit einem Magazin erklärte Honnold nüchtern: „Ich will jeden zweiten Tag am Hangboard trainieren, und es war einfach der zweite Tag.“

Mit Disziplin zum Erfolg

Aber diese Aussage birgt den Schlüssel zu Honnolds Erfolg. Einer der ungeniertesten Kletterer der Welt verlässt sich nicht allein auf sein offensichtlich grosses Talent. Er trainiert mit beachtlicher Disziplin, um sein Können zu perfektionieren. Und was das Hangboarden angeht, geht er keine Kompromisse ein. Honnold macht aus dem Training an seinem Beastmaker 2000 Hangboard, welches am Türrahmen seines ausgebauten ProMaster befestigt ist, fast schon eine Religion.

Warum am Griffbrett trainieren, wenn man Zeit fürs Felsklettern hat?

„Ich zähle mich eigentlich zu den 8b-Kletterern“, meinte Honnold am Telefon, als er sich auf dem Gipfel des El Cap ausruhte. „Aber in den letzten beiden Monaten bin ich maximal 7c+ geklettert. Alles was ich getan habe, war eine Seillänge nach der anderen an einem grossen, leicht geneigten Riss zu spulen. Das Hangboarden hat mir geholfen, nicht zu viel von meiner Fingerkraft zu verlieren.“

Alex Honnold beim Training am beastmaker - Bild zVg von Black Diamond
Alex Honnold beim Training am beastmaker in seinem Camper (Bild zVg Black Diamond).

Waren die Hangboard-Workouts der Schlüssel zur Free-Solo-Begehung der Freerider?

„Es war auf jeden Fall sehr wichtig“, sagt Honnold im Interview. „Anderenfalls hätte ich mich während meines Aufenthaltes hier im Valley immer schwächer gefühlt. Und die Schlüsselstelle mit dem Boulderproblem (etwa 7a+) besteht aus kleinen Griffen, an denen du dich hochziehen musst.“ Honnold erzählt, dass er während der zwei Monate umfassenden Vorbereitungszeit für den Durchstieg die Beastmaker App verwendet hat. Die App beinhaltet so genannte Benchmark-Workouts, die Honnold für extrem schwierig hält.

Alex Honnold war auf dem 7b-Trainingslevel vor seiner Free-Solo-Begehung

„Es ist peinlich, wie schwach ich am Beastmaker bin“, lacht er. „Vor zwei Monaten habe ich den 6c Workout nicht geschafft, obwohl das der leichteste von allen ist. Ich konnte es fast nicht glauben.“ Bevor er sich für seine epische Free-Solo-Begehung zum Fusse des El Cap aufmachte, hatte er sich bis zum 7b Workout verbessert. „Ich dachte mir – krass, ich kann jetzt eine Beastmaker 7a+ bewältigen!“ Laut Honnold sind die Workouts extrem anspruchsvoll und deutlich schwerer als die tatsächlichen Kletterrouten im jeweiligen Grad. Er trainiert ohne zusätzliches Gewicht. „Das ist nicht nötig. Die Workouts sind auch ohne Gewicht viel zu schwer für mich“, betont er.

Alex hat noch nie eine echte 8c+ geklettert

Obwohl das Hangboard ein wichtiges Instrument in der Vorbereitung für seine bisher grösste Begehung war, geht das Training weiter. Honnolds neues Ziel ist es, sich im Sportklettern weiter zu verbessern. „Ich wollte schon immer 9a klettern, habe diesem Ziel aber noch nie genug Zeit und Energie gewidmet“, sagt er. „Ich bin auch noch keine echte 8c+ geklettert, jedenfalls nicht in den letzten Jahren und möchte nun schwerere Routen klettern.“ Und die strikte Hangbord-Routine ist Teil dieses Plans.

Honnolds Ziel: 9a klettern

„Es ist merkwürdig, denn obwohl es nach heutigen Standards nichts Besonderes mehr ist, eine 9a zu klettern, werde ich ziemlich stolz auf mich sein, wenn ich das schaffe. Und sollte ich jemals eine Route in diesem Grad klettern, werde ich mir auf die Schulter klopfen und sagen – hey, ich bin echt gut.“

Unten siehst zu einen übersetzten Auszug aus den Hangboard-Workouts von Honnold.

6c Workout 7b Workout
(1) 4 Finger 1/2 angewinkelt (1) 4 Finger 1/2 aufgestellt
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
(2) 4 Finger offen (2) 4 Finger offen
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
(3) 3 Finger offen (3) 3 Finger offen
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
(4) 4 Finger offen (4) 4 Finger halb aufgestellt
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
(5) Mittlere 2 Finger (Tasche) (5) Mittlere 2 Finger (Tasche)
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
(6) Erste 2 Finger (Tasche) (6) Letzte 2 Finger (Tasche)
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten 7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
Wiederholungen 1-6 (7) Erste 2 Finger (Tasche)
7x 7 sek. hängen/3 sek. rasten
Wiederholungen 1-7

 

4 Finger 1/2 angewinkelt
Finger 1/2 angewinkelt
4 Finger offen
4 Finger offen
3 Finger offen
3 Finger offen
Mittlere 2 Finger
Mittlere 2 Finger
Erste 2 Finger
Erste 2 Finger
4 Finger 1/2 aufgestellt
4 Finger 1/2 aufgestellt
Letzte 2 Finger
Letzte 2 Finger

 

Credits: Bilder zVg von Black Diamond, Text Chris Parker

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