Tanner Bauer und Chris Deuto stellen sich in den Bergen Colorados der anspruchsvollen Route Doubloons (8c). Die Zeit, welche die beiden Kletterfreunde an der ästhetischen Linie verbringen, lässt sie Klettern neu erleben: Als Kunstform im Sinne einer spirituellen Reise statt eines leistungsorientierten Sports.
Erfahrungsbericht von Chris Deuto
„Warum kletterst du?“ Jede Person, die sich selbst als „Kletterer“ bezeichnet und dies als den wichtigsten Aspekt ihrer Persönlichkeit betrachtet, wurde schon einmal mit dieser Frage konfrontiert. Nach meiner Erfahrung können die meisten, die ihr Leben der Vertikalen gewidmet haben, keine einfache Erklärung liefern.
Die Antwort liegt tief im Herzen jedes Einzelnen vergraben, und dieses Konzept zu artikulieren, bedeutet, sich in die Welt der Philosophie zu erheben. Irgendwo im Kern meiner eigenen Ideologie befindet sich das magische Gefühl der Inspiration. Es ist das Licht, das meine wildesten Ambitionen und intensivste Motivation entzündet. Meine Antwort beginnt mit dem Begriff Inspiration. Und nirgendwo sonst auf der Welt habe ich eine Route mit nur einer Seillänge gesehen, die inspirierender ist als Doubloons (8c).
Ebenso ästhetisch wie herausfordernd
Doubloons ist der Gipfel der ästhetischen Perfektion. Als ich zum ersten Mal den Grat hinabblickte, auf dem sich die Kletterroute stolz erhebt, ging ich eine mehrjährige Beziehung mit dieser Route ein. Ich war ganz aufgeregt bei dem Gedanken, eines Tages die natürliche Schönheit dieser Linie zu erleben.
Ich wollte auf dem Gipfel des schmalen Turms stehen, überwältigt von der Größe und Unermesslichkeit des alpinen Tals, das ich überblickte. Vor allem jedoch wollte ich diese unvorstellbar glatte Felsstruktur überwinden.
Perspektivenwechsel: Spirituelle Reise statt Leistungssport
Die Herausforderung, die Doubloons bot, war meine treibende Inspiration. Projekte, die einen an die Grenze der Machbarkeit bringen, sind mehr als bloße Felsklettereien. Sie symbolisieren eine Reise ins Innerste der Seele, ein Überwinden von Selbstzweifeln.
In den ersten zwei Jahren, in denen ich Doubloons versuchte, war mein Geist weniger vorbereitet als mein Körper. Pessimistisch im Hinblick auf die Schwierigkeit der Linie und den erforderlichen Aufwand (sowohl körperlich als auch geistig), machte ich wenig Fortschritt. Selbstzweifel gewannen die Oberhand.
Im Sommer 2023 begann jedoch meine Kletterphilosophie zu reifen. Ich war nun eher geneigt, die Route wegen der persönlichen Herausforderung und weniger wegen der Schwierigkeit in Angriff zu nehmen. Ich begann, Klettern als Kunst zu sehen – eine spirituelle Reise statt eines leistungsorientierten Sports. Mein Fortschritt mit Doubloons spiegelte diesen Perspektivwechsel wider.
Bereicherung reicht weit über die reine Begehung hinaus
Am Tag, an dem ich die Route durchstieg, fühlte ich keinen Druck und keine Versagensängste. Vielmehr nahm ich den vertikalen Tanz an – im Einklang mit der Kraft meiner inneren Haltung. Als ich Schlüsselstellen und Züge hinter mir ließ, die zuvor sehr reale persönliche Rückschläge dargestellt hatten, wusste ich, wie es sich anfühlt, etwas Tiefes in sich zu überwinden.
Und doch, selbst nachdem ich auf dem Gipfel stand und die Tragweite dieser Erfahrung realisierte, empfand ich eine tiefe Wertschätzung für das, zu dem Doubloons außerhalb meines persönlichen Lebens geworden war.
Nicht nur andere Kletterer, die solche Erfahrungen suchen, sondern auch Freigeister, die sich von der Linie inspirieren lassen, um der Welt ihre Schönheit zu zeigen. Durch ihre Augen werden noch viele andere an diesem Moment teilhaben.
Meine Beziehung zur Doubloons begann mit Inspiration und wurde zu so viel mehr. Mit jedem Versuch, jedem neuen Freund und jedem glühenden Sonnenuntergang, den ich an der Route verbrachte, begann ich meine Antwort auf diese unmögliche Frage besser zu verstehen.
Erfahrungen wie jene, die ich in der Doubloons gemacht habe, sind der Grund, warum ich klettere. Sie sind Metaphern für das Leben – eine Erweiterung des Bewusstseins auf so vielen Ebenen.
Das könnte dich interessieren
- Dieses Kletterseil ist signifikant schnittfester | Mammut Core Protect Rope
- 5 zeitsparende Tipps für ein effizientes Training
- Schon wieder 8B+ gebouldert – Shauna Coxsey nicht zu stoppen
Gefällt dir unser Klettermagazin? Bei der Lancierung des Klettermagazins Lacrux haben wir entschieden, keine Bezahlschranke (Paywall) einzuführen, denn wir möchten möglichst viele Gleichgesinnte mit News aus der Kletterszene versorgen.
Um zukünftig unabhängiger von Werbeeinnahmen zu sein und um dir noch mehr und noch bessere Inhalte zu liefern, brauchen wir deine Unterstützung.
Darum: Hilf mit und unterstütze unser Magazin mit einem kleinen Beitrag. Natürlich profitierst du mehrfach. Wie? Das erfährst du hier.
+++
Credits: Titelbild Sohi Studios