Droht Adam Ondra‘s Silence (9c) die Abwertung? | Ghisolfi reist bald nach Flatanger

Nach der Europameisterschaft in München Mitte August will Stefano Ghisolfi seine volle Aufmerksamkeit der 9c-Route Silence in Flatanger widmen. Wird er wie in Change (9b+) eine einfachere Lösung finden als Adam Ondra? Und droht der 9c gar das gleiche Schicksal wie Alex Megos‘ Bibliographie?

Vergangenes Wochenende startete Stefano Ghisolfi in Innsbruck in die Weltcup-Saison. Auch wenn der Auftakt mit dem 18. Platz nicht nach Wunsch verlief, so hat der Italiener mit den Tourstopps ins Villars, Chamonix und Briancon sowie mit der Europameisterschaft in München weitere Chancen, seine Stärke auszuspielen. Neben dem IFSC-Wettkampfzirkus bildet die 9c-Route Silence einen zentralen Punkt in Ghisolfis Saisonplanung.

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Stefano Ghisolfi am ersten Lead-Weltcup der Saison 2022 in Innsbruck. Bild: Jan Virt/IFSC

Ein Monat Vanlife in Flatanger

Wie Stefano Ghisolfi verrät, gehts direkt nach der Europameisterschaft in München los nach Norwegen. Das Ziel: Die Hanshelleren Cave in Flatanger. Die Höhle, die gleich mehrere der schwierigsten Routen der Welt beherbergt, darunter Silence (9c), das Masterpiece von Adam Ondra.

Stefano Ghisolfi wird einen Monat in Norwegen verbringen. Ob dies ausreicht, um eine Route zu durchsteigen, an der Adam Ondra drei Jahre lang gearbeitet hat, lässt er offen. «Ich erwarte nicht, dass ich Silence auf diesem Trip durchsteigen werde, aber ich möchte sie zumindest in die Finger bekommen.» Der italienische Kletterprofi sieht die Reise nach Flatanger als den Beginn eines langfristigen Projektes.

«Ich erwarte nicht, dass ich Silence auf diesem Trip durchsteigen werde, aber ich möchte sie zumindest in die Finger bekommen.»

Stefano Ghisolfi

Video: Stefano Ghisolfi wiederholt Change (9b+)

Talent für optimierte Lösungen

Dies klingt durchaus vernünftig und ebenso bescheiden. Es ist verständlich, dass sich Stefano Ghisolfi nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen will. Aber man darf nicht vergessen, dass er ein ausgeprägtes Talent dafür besitzt, in schwierigsten Routen die optimale Beta zu finden.

Da wäre beispielsweise die 9b+ Change in der Hanshelleren Höhle. Hier fand Stefano Ghisolfi eine komplett andere Lösung als Erstbegeher Adam Ondra. So konnte er die monströse Linie, die sich aus 185 Zügen zusammensetzt und über 55 Klettermeter erstreckt, bereits nach einem Monat des Projektierens klettern.

Auch in der Route Bibliographie in Ceüse fand der Italiener eine Lösung, die selbst der Erstbegeher Alex Megos als besser als die Seine anerkannte. Im Endeffekt führte dies dazu, dass Ghisolfi die von Megos mit 9c bewertete Route auf 9b+ abwertete.

Video: Stefano Ghisolfi klettert Bibliographie (9b+)

Droht Silence die Abwertung?

Angesichts der Entschlossenheit, mit der Stefano Ghisolfi nach Norwegen blickt und in Anbetracht seiner körperlichen Verfassung stellt sich natürlich die Frage, ob bald auch Silence die Abwertung droht. Dies hängt sicher stark davon ab, wie gut die Linie und ihre Bewegungsabfolgen dem Italiener taugen.

«Ich kann es kaum erwarten, nach Flatanger zurückzukehren, wo es mir vor zwei Jahren bereits gelang, Change zu wiederholen.»

Stefano Ghisolfi

Adam Ondras Knieverdreher in der Schlüsselstelle hat bisher sämtliche potenzielle Wiederholenden abgeschreckt. Dies scheint bei Ghisolfi ja offensichtlich schon mal nicht der Fall zu sein.

2020 hat Riss-Profi Pete Whittaker im Selbstexperiment zudem bewiesen, dass sich der Riss von Silence jammen lässt. Da Ghisolfi jedoch kein expliziter Riss-Experte ist, wird er höchstwahrscheinlich eine neue Lösung entwickeln.

Wir sind gespannt und Stefano Ghisolfi ebenso: «Ich kann es kaum erwarten, nach Flatanger zurückzukehren, wo es mir vor zwei Jahren bereits gelang, Change zu wiederholen.»

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Credits: Titelbild Sara Grippo

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