Nemuel Feurle hat Alex Luger’s Testpiece Seventh Direction (8c, 220m) in der Drusenfluh-Ostwand wiederholt. Auf Lacrux teilt der junge Vorarlberger Kletterer seine Erfahrungen mit der extrem schwierigen und für Rätikon-Verhältnisse atypisch steilen Route.
Erfahrungsbericht von Nemuel Feurle
Seventh Direction ist eine Mehrseillängenroute durch die Ostwand der Drusenfluh. Sie wurde von Alex Luger von unten eingebohrt und anschliessend Rotpunkt geklettert.
Aus Erzählungen und Bildern wurde mir direkt klar, dass es sich hierbei nicht um eine klassische Rätikon-Route handelt.
Ein Gefühl der Möglichkeit des Möglichseins
Nachdem ich vergangenes Jahr mit Jakob Scheiter zwar den richtigen Seilpartner gefunden hatte, fehlte von der richtigen Lösung jedoch jede Spur. Die zweite schwere Länge wurde mir zum Verhängnis, weshalb ich dieses Jahr umso motivierter gestartet bin.
Was wir letztes Jahr für unmöglich hielten, gelang uns am ersten Tag dieser Saison, denn wir konnten bis über alle Seillängen klettern.
Die Motivation war riesig, weshalb ich mich im August stark darauf fokussierte, an den Seillängen zu feilen und die Bewegungen einzustudieren. Immer mehr hatte ich das Gefühl der Möglichkeit des Möglichseins. Durchaus motiviert startete ich am 22. August einen Versuch, wobei mir die erste schwere Seillänge nicht direkt, sondern erst im zweiten Versuch gelang.
Nachdem ich die zweite schwere Seillänge gleich auf Anhieb klettern konnte, wartete die Schlüssellänge auf mich. Erwartungsvoll machte ich einen Versuch, änderte wegen einigen nassen Griffen spontan meine Lösung und versuchte alles zu geben. Nur knapp vor der Schlüsselpassage griff ich jedoch an einen nassen Untergriff, weshalb ich die darauffolgenden Leisten nicht mehr halten konnte und abschmierte.
Ich entschied mich wegen der wenigen Zeit, die uns vor dem Sonnenuntergang noch blieb, keinen weiteren Versuch zu machen. Lieber wollte ich mir die zweitletzte Seillänge nochmals genau anschauen, was jedoch mehr oder weniger im Sturztraining endete und ich mich nach einigen Trittausbrüchen dazu entschied, es für heute gut sein zu lassen. Zufrieden und glücklich nach einem weiteren Tag im Gebirge, aber durchaus hungrig nach einen weiteren Versuch, seilten wir ab.
Mit riskantem Zug durch die Schlüsselstelle
Keine zwei Tage später fanden wir uns wieder vor der Schlüsselseillänge, bis hierher hatte ich heute noch keinen Sturz. Obwohl mich leichtes Kopfweh plagte, war ich motiviert alles zu geben. Die Griffe waren trocken, weshalb ich mich rasch knapp vor der Schlüsselpassage befand. Einmal mehr nahm ich mir die Zeit die Züge zu visualisieren, um einen perfekten Bewegungsablauf zu erreichen.
Keine Minute später schnappte ich links auf die letzte Leiste, griff mit rechts auf den kleinen Sloper, merkte das ich zu gepumpt war, um an diesem zu ziehen und machte darauf einen riskanten Zug auf einen guten Griff. Ich klippte die letzte Exe und kletterte die letzten, leicht brüchigen Meter der Schlüsselseilänge zum Stand.
Erst am Schluss ist es richtig vorbei
Zwei Seillängen trennten mich noch vom Durchstieg. Was ich noch nicht ahnte, war, dass ich für beide einen weiteren Versuch benötigen würde. Nachdem ich das erste Mal in der letzten Seillänge stürzte und mir die Züge bis zum Stand nochmals anschaute, überkam mich der Gedanke, dass hier und heute mein Durchstiegsversuch vorbei sein könnte.
Die letzten Züge fielen mir keineswegs leicht. Während es zu dämmern begann, entschied ich mich einen weiteren Versuch zu machen. Ohne daran zu denken, dass es der Letzte sein wird, kletterte ich solide vom Stand weg und fand mich relativ schnell und erstaunlich fit vor den letzten schweren Zügen.
Ohne viel nachzudenken, holte ich mir die linke Leiste auf Schulter, schnappte darunter auf einen kleinen Sloper, doch bei beiden Griffen hatte ich das Gefühl, diese nicht mehr halten zu können.
Zum einen hatte ich zwei Handvoll fantastische Tage in einer der besten Routen, die ich bisher geklettert bin. Dennoch habe ich das Gefühl, all die Momente verloren zu haben, welche einen auf einem solchen Projekt begleiten. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als ein neues Projekt zu suchen und die Erlebnisse und Momente in vollen Zügen zu genießen. DANKE Alex!
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Credits: Titelbild Jacopo Larcher