Diese Fehler solltest du beim Klettertraining vermeiden

Ein regelmässiger Hallenbesuch, bei dem du immer Vollgas gibst, ist noch lange kein Erfolgsrezept. Im folgenden Beitrag zeigt euch Christoph Völker von target10a fünf Fehler, die du bei deinem Training vermeiden solltest.

Ein Gastbeitrag von Christoph Völker von target10a.com

Daher will ich in diesem Beitrag die schwerwiegendsten Fehler bei der Trainingsgestaltung und -Planung ansprechen, die meiner Meinung nach oft gemacht werden. Denn viele Kletterer und Boulderer trainieren falsch und nutzen ihre Zeit nicht optimal bzw. sie verschwenden sie sogar im Extremfall.

Den generell richtigen Trainingsplan gibt es natürlich nicht – jeder braucht immer wieder einen eigenen, auf die eigenen Bedürfnisse angepassten Trainingsplan, der auch immer nur eine gewisse Zeit richtig ist und dann auch wieder angepasst werden muss. Doch trotzdem gibt es gewisse Aspekte, die jeder und jede berücksichtigen sollte.

1. Blinde Flecken vermeiden

Mit „Blinden Flecken“ meine ich, dass viele Kletterer gewisse Aspekte und Möglichkeiten des Trainings komplett weglassen. Zum Beispiel lassen sehr viele Kletterer ein gezieltes Beweglichkeitstraining für den Unterkörper weg. Mal ein bisschen dehnen vor dem Bouldern lasse ich da als Training nicht gelten – Beweglichkeit sollte mindestens dreimal pro Woche gezielt in 15 bis 20 Minuten Einheiten trainiert werden. 

Was bei vielen für das Beweglichkeitstraining gilt, gilt bei anderen für das Athletik und Körperspannungstraining. Bei manchen Seilkletterern ist das Bouldern ein blinder Fleck. Bei weiter fortgeschrittenen Athleten wird hingegen oft kein spezifisches Fingermaximalkrafttraining am Griffbrett oder Campusboard gemacht.

Was sollte also mindestens in jeder Woche in jedem Trainingsplan drin sein:

  1. Zwei Einheiten Klettern und/oder Bouldern
  2. Eine Athletik- und Körperspannungseinheit für 40 bis 60 Minuten
  3. Dreimal Beweglichkeitstraining für 15 bis 20 Minuten pro Woche

Wie gesagt, dass sind die Mindestanforderungen an eine gute Trainingsplanung, mit der man aber schon sehr weit kommt, wenn man das regelmäßig durchzieht. Natürlich können die Umfänge und die Häufigkeit der Einheiten auch noch extrem ausgeweitet werden.

Wenn jemand allerdings ohne Beweglichkeitstraining einen Spagat schafft oder ohne Athletiktraining 30 Klimmzüge wegzieht – und solche Leute gibt es – dann kann man sich das entsprechende Training natürlich sparen.

Für fortgeschrittene Athleten ab den 9. Grad UIAA ist in der Regel zusätzlich ein spezifisches Fingermaximalkrafttraining pro Woche für 40 bis 60 Minuten am Griffbrett zu erwägen. Es sei denn die Fingermaximalkraft gehört zu den Stärken.

2. Fokus auf den Stärken

Beispiele:

  • Obwohl du schon einen Spagat kannst, dehnst du dich trotzdem nach jedem Training noch ausführlich. Obwohl du tief in deinem Inneren vermutlich weißt, dass dir etwas Athletiktraining sicherlich besser tun würde.
  • Du schaffst 25 Klimmzüge am Stück. Nicht schlecht – aber schließlich tust du auch alles dafür und trainierst diese mehrmals die Woche – 30 Klimmzüge sind das Ziel. Aber andere wichtige Übungen die in die Richtung Hangwaage oder der Muscle-Up gehen, werden vernachlässigt. Genau so wie die Beweglichkeit.

Lege deutlich mehr Wert darauf, deine Schwächen zu trainieren!

3. Fehlende Varianz im Trainingsplan

In einem ausgewogenen Trainingsplan sollten Kletter- und Bouldereinheiten, Athletik-, Körperspannungs- sowie Beweglichkeitsübungen mit dabei sein. Die einzelnen Bereiche sollten als eigene Trainingseinheiten eingeplant werden und nicht am Ende einer Bouldereinheit noch kurz angehängt werden.

Aber auch innerhalb der verschiedenen Bereiche des Trainings muss für Abwechslung gesorgt werden: Also in einer Athletik- und Körperspannungseinheit nicht immer nur die gleichen Übungen machen, sondern auch hier Varianz reinbringen und sich neuen Herausforderungen stellen.

Eine gute Athletik- und Körperspannungseinheit beinhaltet Übungen, die folgende Aspekte abdecken:

  • Athletik – wie z.B. Klimmzüge
  • Körperspannung – wie z.B. Aufroller oder wer es schwer will und kann: die Hangwaage
  • Explosivkraft – wie z.B. Chest-Pump Pull-Ups oder der Muscle-Up
  • Antagonistentraining – wie z.B. der Handstand oder der Trapezius Block
  • Koordinative und propriozeptive Aspekte – wie z.B. die Human Flag oder leichter, Reverse Balance am Boden

Fehlt die Abwechslung und du bolzt immer nur die gleichen Übungen, dann verschwendest du viel Energie und Zeit und läufst zudem noch in die Gefahr, dir Überlastungsprobleme und Verletzungen zuzuziehen.

4. Fehlende Periodisierung

Eine im Klettern weit verbreitete Ansicht ist es, immer auf nahezu Top-Niveau klettern können zu wollen, zumindest was das eigene Leistungslevel betrifft. In anderen Sportarten ist es hingegen viel öfter üblich, gewisse Schwerpunkte im Jahr zu setzen und sich auf diese gezielt vorzubereiten.

Zu Beginn steht meisten ein mehrwöchiges Aufbau und Grundlagentraining, um an der Kraft und Physis zu arbeiten. Diese Art von Training wird aber für eine gewisse Zeit den Leistungslevel deutlich reduzieren.

Es ist meiner Meinung nach von zentraler Bedeutung, nach dem Trainingsprinzip der Periodisierung neue Kraft und Grundlagenathletik in der ersten Phase eines neuen Trainingszyklus zu erwerben, um dann wenige Monate später das Kletterniveau auf einen neuen persönlichen Level heben zu können.

5. Immer die gleiche Art von Boulder/Touren klettern

Um technisch im Klettern besser zu werden, solltest du so viel verschiedenes Zeug wie möglich Klettern und Bouldern.

Also verschiedene Neigungen (von sehr steil bis senkrecht), verschiedene Längen (ausdauernd oder maximal kräftig), verschiedene Griffformen (Löcher, Leisten, Sloper, Zangen), athletische Kletterei genauso wie technische Kletterei, dynamische Züge genauso wie vorsichtige Gleichgewichtsverschieberei.

Genauso hilft es verschiedene Klettergebiete zu besuchen oder verschiedene Kletter- und Boulderhallen.

Auch die Trainings- und Kletterpartner regelmässig zu wechseln bringt neue Ideen.

6. Unangemessene Trainingsmittel einsetzen

Du setzt für deinen Leistungslevel ein unangemessenes Trainingsmittel oder eine falsche Methode wie das Campusboard ein. Du kletterst zum Beispiel im 7. oder 8. Grad der UIAA-Skala und trainierst schon am Campusboard. Ein gezieltes Training für die Athletik, Körperspannung oder Beweglichkeit fehlt hingegen.

7. Vergessen die Grenzen zu verschieben

Und zuletzt: Vergesse nicht, deine Grenzen laufend zu verschieben: Auch wenn dieser Punkt im Gegensatz zu Punkten wie „Abwechslungsreich trainieren“ steht. Manchmal musst du an gewissen Übungen, wie den Klimmzügen, dranbleiben und neue persönliche Rekorde knacken.

Hast du dann deinen persönlichen Rekord von zum Beispiel 15 Klimmzügen nach einer guten Trainingsphase auf 20 Klimmzüge gesteigert und merkst, dass es eher wieder schlechter als besser wird und du sozusagen stagnierst, dann ist es an der Zeit von diesem Ziel abzulassen und ein Neues ins Visier zu rücken.

Das Klimmzugtraining solltest du aber deswegen keinesfalls ganz einstellen, sondern du solltest über einen gewissen Zeitraum versuchen, den Leistungslevel einigermaßen zu erhalten, um dann nach ein paar Wochen oder Monaten der Stagnation einen neuen Anlauf zu neuen Rekorden zu starten.

In dieser Phase solltest du aber an einer anderen Front, wie zum Beispiel der Beweglichkeit (an deinem Spagat?), deutlich weitergekommen sein.

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Credits: Titelbild Christoph Völker – target10a.com

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