Die Schweizer Regierung hat vergangene Woche ihren Lockerungsplan hinsichtlich der Corona-Situation präsentiert. Wir haben mit dem Schweizer Alpen-Club über das Thema Klettern und Bouldern gesprochen.
Darf man klettern gehen? Ist es verantwortungslos? Ist es völlig in Ordnung? Diese und weitere Fragen stellten und stellen sich viele Kletterinnen und Kletterer in der aktuellen Situation. Während sich die Alpenvereine Deutschlands und Österreichs klar gegen das Klettern und Bouldern aussprachen, riet der Schweizer Alpen-Club nur von Ski- und Hochtouren ab.
Zahlreiche Bergsportbegeisterte verzichteten trotzdem auf Ausflüge in den Klettergarten und ins nahegelegende Bouldergebiet. Grund: Eine mögliche Verletzung oder ein Unfall würden das Gesundheitssystem unnötig belasten. Gemäss zahlreichen Medienberichten ist die aktuelle Situation in den Spitälern nicht dramatisch, weshalb dieses Argument kaum mehr Gültigkeit hat.
Seit der vom Bundesrat kommunizierten schrittweisen Lockerung der Corona-Massnahmen stellen sich immer mehr Menschen, die vorher nicht klettern gingen, die Frage, ob es denn nun wieder erlaubt sei draussen klettern zu gehen. Wir haben mit dem Schweizer Alpen-Club Kontakt aufgenommen und um eine offizielle Empfehlung gebeten.
Das sagt der Schweizer Alpen-Club SAC
Ein Gespräch mit Bruno Hasler – Bereichsleiter Ausbildung und Sicherheit des SAC
Darf man in Zeiten der Corona-Krise klettern und bouldern?
Ja, das ist grundsätzlich ok.
Unter welchen Bedingungen ist es in Ordnung, klettern oder bouldern zu gehen?
Man sollte sich so verhalten, dass es möglichst keine Unfälle gibt und risikoreiche Routen gemieden werden. Auch in den Klettergärten und Bouldergebieten gelten die Empfehlungen des Bundes. Insbesondere gilt es „Abstand zu halten“. Wenn zu viele Kletterer im gleichen Sektor klettern, so sollte man den Sektor wechseln. Wichtig ist zudem, möglichst nur mit Personen aus dem gleichen Haushalt oder zumindest immer mit derselben Person klettern zu gehen. Daneben gilt es die Reisedistanzen möglichst klein halten
Die Empfehlung des SAC steht damit im Widerspruch zur Empfehlung des Bundes. Was sagst du dazu?
Das ist uns bewusst. Wir versuchen den Spagat zu machen zwischen der sehr restriktiven Empfehlung des Bundes „zu Hause bleiben“ und einer etwas offener Empfehlung. Damit hoffen wir auf einer besseren Einhaltung der Empfehlungen.
Ist es im konkreten Fall in Ordnung, wenn jemand aus Zürich ins Murgtal bouldern oder an der Galerie Süd bei Amden klettern geht?
Das muss jeder für sich selber entscheiden. Murgtal oder Galerie ist sicher besser als wenn ein Zürcher ins Berner Oberland reist.
Wie sieht es bezüglich Skitouren und Bergsteigen aus?
Diesbezüglich finden aktuell Gespräche statt. Details werden rechtzeitig kommuniziert.
Verhaltensregeln für Kletterer und Boulderer in der Schweiz
- Nur in gut abgesicherten Routen klettern
- Verzichtet auf gefährliche Boulder (beispielsweise Highballs)
- Haltet euch an die Empfehlungen des Bundes – auch am Fels
- Klettert nur mit Personen aus dem gleichen Haushalt oder immer mit derselben Person
- Wechselt den Sektor, wenn zu viele Leute anwesend sind
- Verzichtet auf den Besuch weit entfernter Kletter- und Bouldergebiete
Anmerkung: Diese Regeln haben jetzt (Stand 22. April 2020) ihre Gültigkeit. Sollte sich die Lage lokal oder landesweit zuspitzen, so verlieren sie ihre „Gültigkeit“.
So sieht die Situation in Österreich aus
Zahlreiche alpine Vereine in Österreich – darunter auch der Alpenverein und die Naturfreunde – haben die Corona-Massnahmen ihrer Regierung in den letzten Wochen verantwortungsbewusst mitgetragen. Auf Bergtouren wurde vielerorts verzichtet – die Vereine appellieren, risikoarm unterwegs zu sein.
Umso mehr zeigen sich nun die Vertreter der bedeutenden heimischen Bergsteigervereine über die von Sportminister Kogler am 15. April 2020 in einer Pressekonferenz angekündigten Lockerungen für Outdoor-Sportarten erfreut.
„Dass für unseren Verantwortungsbereich von Seiten des Sportministers Perspektiven geschaffen werden, begrüßen wir sehr. Dem Aufruf der Regierung, Durchführungsvorschläge auszuarbeiten, kommen wir gerne nach.“
Gerald Dunkel-Schwarzenberger, Präsident des Verbandes alpiner Vereine Österreichs (VAVÖ)
Die alpinen Verbände Österreichs sind von der Regierung aufgerufen worden, Rahmenbedingungen und Durchführungsvorschläge zu erarbeiten. Das Konzept sieht Leitlinien für die „coronagerechte“ Ausübung der verschiedenen Bergsport-Outdoor-Aktivitäten mit Personen, die nicht im selben Haushalt leben, vor. Zudem erarbeiten die Verbände Richtlinien, die das schrittweise Öffnen von Schutzhütten regeln.
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Credits: Titelbild AO Productions / Pavel Blazek