Fairer für Athleten, komplizierter für Trainer | Neue IFSC-Regeln im Wettkampf

Ab dieser Saison gelten neue Regeln für Boulder- und Lead-Weltcups der IFSC. Sie betreffen die Anzahl der Teilnehmer an Halbfinals und Finals in beiden Disziplinen, auch die Wertung beim Bouldern ändert sich. Was ist geplant – und was sagen Trainer und Athleten dazu?

Mit Änderungen in ihrem Wettkampf-Regelwerk gleicht die IFSC die Wertung der Weltcups ein Stück weiter an das olympische Combined-Format an. Die größten Veränderungen betreffen die Boulder-Weltcups, aber auch beim Lead bleibt in der kommenden Saison nicht alles beim Alten.

8 Teilnehmer im Finale, 24 im Halbfinale

Um die Disziplinen Bouldern und Lead einander anzugleichen, starten künftig im Bouldern 24 statt bisher 20 Athletinnen und Athleten im Halbfinale. In Boulder-Weltcups wird es ab dieser Saison außerdem immer jeweils acht statt bisher sechs Finalplätze geben.

Diese Änderung habe vor allem mit Chancengleichheit unter den Teilnehmernationen zu tun, so die IFSC. Bei Lead-Events wird die Anzahl der Halbfinalistinnen und -finalisten entsprechend von bisher 26 auf 24 reduziert.

Mit mehr Finalplätzen im Bouldern wollen wir auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass mehr unterschiedliche Nationen im Finale vertreten sind.

IFSC
Künftig starten sowohl im Bouldern als auch im Lead je 24 Personen im Halbfinale und acht Personen im Finale. Bild: IFSC/Nakajima Kazushige

Sagi Damti, Trainer des deutschen Boulderteams, glaubt nicht, dass die Änderung für mehr unterschiedliche Nationen im Finale sorgen wird.

Mehr Athleten im Halbfinale und Finale sind eine gute Sache, aber der Effekt auf die Diversität dürfte gering ausfallen. Die IFSC verstärkt nur den Wettbewerb unter den Athleten.

Bouldertrainer Sagi Damti

Um für genug Action an der Wand zu sorgen, werden die acht Finalistinnen und Finalisten außerdem nicht mehr wie bisher einzeln auf der Matte stehen, sondern immer zu zweit – mit Ausnahme des jeweils ersten und letzten Finalboulders.

Punktesystem ersetzt Top und Zone im Bouldern

Die andere Veränderung betrifft die Wertung in Boulder-Weltcups. Dort ersetzt ein Punktesystem die bisherige Wertung aus Zone und Top, womit die IFSC die Weltcups deutlich an das olympische Combined-Format aus Paris anpasst.

Wir wollen es leichter machen, die Fortschritte der Athleten im Ranking nachzuvollziehen – auch für alle, die den Sport neu entdecken.

Die IFSC über die neue Wertung im Bouldern

Wie bei Olympia 2024 ist ein Top beim Bouldern jeweils 25 Punkte und eine Zone jeweils 10 Punkte wert. Pro Versuch werden von der Gesamtpunktzahl 0,1 Punkte abgezogen.

Das bedeutet aber auch, dass zum Beispiel drei Zonen im ersten Versuch (3 x 10 Punkte) künftig insgesamt mehr wert sind als ein einzelner Flash mit 25 Punkten. Gleiches gilt für andere Konstellationen, in denen Tops gegenüber Zonen an Bedeutung im Ranking verlieren.

Neue Regeln beim Bouldern erhöhen künftig den Wert von Zonen im Weltcup. Bild: IFSC/Nakajima Kazushige

Laut Bouldertrainer Sagi Damti bedeutet die neue Wertung vor allem mehr Komplexität für Trainer bei Weltcup-Events. Auch für das Publikum könnte die Umstellung anfangs für Verwirrung sorgen.

Wir Trainer müssen bei Berechnungen und Appeals künftig mehr beachten. Ist das neue System einfacher nachvollziehbar für das Publikum? Ich denke nicht.

Bouldertrainer Sagi Damti

Bisher galt im Boulder-Weltcup ein einzelnes Top – egal, in wie vielen Versuchen – immer mehr als die maximal zu erreichende Anzahl an Zonen.

Fairer für Athleten, komplizierter für Trainer

Die IFSC hatte im Vorfeld der Änderungen eine mehrjährige SWOT-Analyse durchgeführt. Darauf aufbauend hatten Vertreter der Technik- und Marketingkommissionen sowie der Athletenschaft Vorschläge erarbeitet.

Sagi Damti steht als Trainer des deutschen Boulder-Nationalkaders dem neuen System grundsätzlich positiv gegenüber. Trotzdem sind die 0,1 Punkte, die pro Versuch abgezogen werden, aus seiner Sicht nicht signifikant genug, um das Feld zu separieren. Positiv sei aber, dass Allrounder jetzt in der Wertung stärker berücksichtigt werden.

Zonen sind jetzt deutlich mehr wert als vorher, Allrounder werden somit stärker belohnt. Das System ist fairer für Athleten, aber komplizierter für uns Trainer.

Bouldertrainer Sagi Damti

Insgesamt sei es beim Bouldern ohnehin schwieriger, konstant gute Ergebnisse zu erzielen, so Sagi Damti: „Ob man beim Bouldern ins Finale oder aufs Podium kommt, hängt viel stärker vom Routenbau ab als beim Leadklettern.“

Die neue Wertung „mischt zwar die Karten noch ein bisschen mehr durch“, so Damti, sei aber sei keine riesige Veränderung für die Athleten. So sieht das auch Yannick Flohé, der sich in der kommenden Saison stärker auf Lead-Wettkämpfe konzentrieren wird.

Bouldern ist eh immer so ein Glücksspiel. Von mir aus kann man die Ergebnisse auch würfeln.

Yannick Flohé

Das neue Format greift international zum ersten Mal beim Boulder-Weltcup in Keqiao, China, wo vom 18. bis 20. April der Saison-Kickoff stattfindet.

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Credits Titelbild: Drapella/Virt/IFSC

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